Totenschiff

[638] Totenschiff, das Fahrzeug, das die Seele der Verstorbenen an die Küste des Geisterlandes bringt und nicht ohne Ruderer oder Steuermann denkbar ist. Der bekannteste von ihnen ist Charon. Sichtbar wird der Glaube recht häufig in der Form der Totenbestattung, die in solchen Fällen die Leichen gern in Schiffen oder kahnförmigen Särgen bem Wasser anvertraut oder sie in gleicher Weise auch auf dem Land aufbahrt (s. Tafel »Totenbestattung bei den Naturvölkern I«, Fig. 4 u. 6; Tafel II, Fig. 1, 7 u. 8). Unter den heutigen Naturvölkern ist die Idee des Totenschiffes noch lebendig bei den Malaio-Polynesiern von Madagaskar im W. bis zu den Markesas im O., bei den Melanesiern und Mikronesiern, auf den Nikobaren und in Hinterindien, bei den Nordwestamerikanern. Wo das Totenreich sich über die Erdoberfläche erhebt, das T. aber beibehalten wird, tritt zu ihm noch der Begriff des Totenvogels (s. d.). Vgl. Schurtz, Das T. (in »Das Augen ornament und verwandte Probleme«, in den »Abhandlungen der philologisch-historischen Klasse der königlich sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften«, Bd. 15, Leipz. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 638.
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