Zinnchlorür

[945] Zinnchlorür (Zinndichlorid, Stannochlorid, Einfach-Chlorzinn, Zinnsalz) SnCl2 entsteht beim Erhitzen von Zinn in Chlorwasserstoff, ist weiß oder grauweiß, fettglänzend, kristallinisch, schmilzt bei 250°, siedet bei 610° und verdampft in höherer Temperatur unter teilweiser Zersetzung. Es löst sich in Wasser unter starker Wärmeentwickelung und bildet mehrere Hydrate. Zinnspäne lösen sich in warmer Salzsäure, und die Lösung gibt beim Verdampfen große, durchsichtige Kristalle mit 2 Molekülen Wasser. Dies Zinnsalz wird im großen dargestellt, indem man Zinn in Salzsäure löst, die Lösung bei Gegenwart von etwas granuliertem Zinn verdampft und zur Kristallisation bringt. Man fällt auch granuliertes Zinn in verschlossene, miteinander verbundene irdene Gefäße und leitet Salzsäuredämpfe hinein, worauf man die abgelassene Lösung von Z. zur Kristallisation bringt. Auch aus Weißblechabfällen, die 3–5 Proz. Zinn enthalten, wird Z. mit Salzsäuredämpfen gewonnen. Z. kommt als feste Salzmasse oder in Lösung mit überschüssiger Salzsäure (Einfach- oder Doppeltchlorzinn mit 12, bez. 25 Proz. Zinn) in den Handel. Es ist farblos, schmeckt unangenehm metallisch, wird an der Luft feucht, schmilzt bei 40° und wird bei 100° ganz wasserfrei. Es löst sich leicht in Alkohol und Wasser (100 g kaltes Wasser lösen 270 g Zinn). Es bildet mit vielen andern Chlormetallen Doppelsalze, gibt mit mehr Wasser ein saures Chlorür und unlösliches, weißes Oxychlorür Sn(OH)Cl und nur bei Gegenwart von Salzsäure, Weinsäure oder Salmiak eine klare Lösung. Die Kristalle und die Lösung absorbieren an der Luft Sauerstoff unter Bildung von unlöslichem, weißem Oxychlorid, das bei Gegenwart von Salzsäure und Zinn wieder reduziert wird. Z. fällt aus Silber- und Quecksilbersalzen die Metalle, reduziert Eisenoxydsalze zu Oxydulsalzen, auch Indigo etc. Eine Lösung von überschüssiger Natronlauge fällt sogar aus Blei- und Wismutlösungen die Metalle. Man benutzt Z. in der chemischen Analyse, in der Färberei zur Reduktion von Indigo und von Eisen- und Manganoxyd auf Zeugen, als Beizmittel, namentlich zum Färben mit Cochenille, zum Avivieren und Rosieren, auch zur Darstellung von Goldpurpur und Lackfarben, als Antichlor, zur galvanischen Verzinnung und zum Entfernen von Rostflecken aus Wäsche.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 945.
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