Armenrecht

[733] Armenrecht (lat., Jus paupertatis), die it. Processen dem Armen (Armenpartei) gesetzlich zustehenden Wohlthaten. Zu deren Erlangung ist für jeden einzelnen Rechtsstreit die Armuth darzuthun, meist durch obrigkeitliches Zeugniß des Unvermögens und mangelnden Erwerbes zu Führung des Rechtsstreites (Armuthszeugniß, Testimonium paupertatis), u. durch Leistung des Armeneides, welcher außer Versicherung der wirklichen Armuth meist auch darauf gerichtet ist, daß die Streitsache für gerecht geachtet u. bei bessern Vermögensumständen Nachzahlung geleistet werde. Bis dahin wird vom Gericht der Armenpartei nicht nur alle Bezahlung der Kosten u. Verläge gestundet, sondern auch auf Verlangen ein Anwalt (Armenadvocat) bestellt, welcher zur unentgeldlichen Proceßführung, entweder für alle Armensachen beim Gerichte gegen einen festen Gehalt angenommen ist, od. wozu jeder Advocat auf Erfordern bereit sein muß, weshalb dann unter denselben eine Reihenfolge eingeführt ist. Die Zeugen erhalten in Armensachen keine Vergütung für Reiseaufwand, u. die etwaige Kostenerstattung an den Gegner bleibt ausgesetzt, wogegen die Armenpartei ohne gerichtliche Genehmigung sich nicht vergleichen soll. Die Gewährung des A., welche durch Staatsverträge auch Ausländern gesichert sein kann, erfolgt vom Gericht durch Decret, Resolution od. im Eingange des nächsten Erkenntnisses.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 733.
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