Communicirende Röhren

[305] Communicirende Röhren (Communicantes tubi), Röhren, die mit einander in ihrem unteren Theile so in Verbindung stehen, daß Flüssigkeiten, tropfbare od. luftförmige, frei aus der einen in die andere treten können. Werden solche (schief od. gerade) aufwärts gerichtet u. sind beide oberwärts offen, so nimmt in beiden eine Flüssigkeit gleiche Höhe ein, od. schwankt so lange, bis sie eine Horizontalebene erlangt hat; sind aber Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewicht (z.B. Quecksilber u. Wasser, od. Wasser u. Öl) darin aufgenommen, so erfüllt die schwerere in beiden den tiefen Theil; in der Röhre aber, worin sich die leichtere Flüssigkeit befindet, verhält sich der Höhestand dieser letztern über der Grenze, wo beide sich berühren zu dem der schwereren Flüssigkeit in der anderen Röhre über der Horizontalebene von jener Grenze aus, umgekehrt wie die specifischen Schweren beider. Läuft die eine Röhre in ein Haarröhrchen aus, so bewirkt das Gesetz der Capillarität hier einen verhältnißmäßig höheren Stand. Diese Erscheinung beruht auf dem Umstande, daß die Flüssigkeit in den communicirenden Gefäßen sich nur dann im Gleichgewicht befinden kann, wenn der Druck, den die in dem unteren Verbindungsrohr befindliche Flüssigkeitsschicht erleidet, von beiden Seiten gleich groß ist, u. auf dem allgemeinen hydrostatischen Gesetz, daß der Druck, der auf irgend eine Schicht innerhalb einer Flüssigkeit ausgeübt wird, gleich dem Gewicht einer Flüssigkeitssäule ist, deren Grundfläche gleich dieser Schicht, deren Höhe aber gleich dem vertikalen Abstande derselben von der freien Oberfläche der Flüssigkeit ist. Es leuchtet hieraus ein, daß die Weite der C-n R. sehr verschieden sein kann, ohne daß obiges Gesetz gestört wird. Hierauf beruhen mehrere nützliche Vorrichtungen, z.B. Real's Extractivpresse, die Hydraulische Presse, das Barometer, die beim Nivelliren oft gebrauchte Kanalwage etc.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 305.
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