Curve

[595] Curve (v. lat., Math.), krumme Linie (vgl. Linie). Man unterscheidet ebene Curven od. Curven einfacher Krümmung, welche ganz in einer Ebene liegen, z.B. der Kreis, u. Curven doppelter Krümmung, von denen kein noch so kleiner Theil in einer Ebene liegt, z.B. die Schraubenlinie. In der angewandten Mathematik kommen oft Curven vor, die sich nur näherungsweise durch Rechnung bestimmen lassen; wenn man z.B. die stündlich beobachteten Barometerstände eines Tages nach verhältnißmäßiger Größe auf gleichweit entfernten Perpendikeln einer Linie aufträgt u. deren Endpunkte verbindet; od. wenn man alle Punkte von gleicher mittlerer Jahrestemperatur auf der Erdoberfläche verbindet. Die reine Geometrie betrachtet dagegen blos solche Curven, deren Natur durch Gleichungen zwischen ihren Coordinaten (s.d.) dargestellt werden kann; Gleichungen, die also nur zwei veränderliche Größen enthalten, wenn die C. ganz in der Ebene zweier Coordinatenachsen liegt, aber drei, wenn die C. im Raume überhaupt liegt. Unter diesen vom 1., 2., 3. etc. Grade (Ordnung), je nachdem ihre Gleichung in rechtwinkeligen od. schiefen Coordinaten vom 1., 2., 3. etc. Grade ist u. sich nicht in Factoren zerlegen läßt, die in Bezug auf die Coordinaten rational sind (vgl. Coordinaten); die Gleichung vom 1. Grade: ax + bx + c = 0 ist die der geraden Linie; Curven vom 2. Grade, deren allgemeine Gleichung ay2 + bxy + cx2 + dy + ex + f = 0 ist, sind immer Kegelschnitte, also entweder eine Parabel od. eine Ellipse, resp. ein Kreis od. eine Hyperbel. Die vom 3., 4. etc. Grade, also überhaupt von einem höheren Grade, sind noch zahlreicher. Durch Gleichungen bestimmter Curven unterscheidet man nun zunächst algebraische u. transscendente Curven, je nachdem die Gleichungen algebraische od. transscendente sind; die erstere theilt man ferner in solche: die cubische Parabel, die Cissoide, das Folium Cartesii, die Conchoide, Cardioide (s.d. a) etc. Zu den transscendenten Curven gehört die Cykloide, die Kettenlinie, die archimedische u. logarithmische Spirale, die Quadratrix, die Epicykloide (s.d.a.). Descartes wollte nur die algebraischen Curven als geometrische gelten lassen u. nannte die anderen mechanische, weil die zu seiner Zeit bekannten[595] (die archimedische Spirale u. die Quadratrix) durch abgesonderte Bewegungen beschrieben wurden, die kein genau meßbares Verhältniß gegen einander haben. Newton u. Leibnitz machten dagegen in dieser Rücksicht keinen Unterschied, sondern sahen blos auf Leichtigkeit der Construction. Curven mit doppelter Krümmung entstehen auf verschiedene Art. Wenn zwei krumme Flächen einander schneiden, so ist am häufigsten ihre Durchschnittslinie eine solche; dies kommt in Gewölbebildungen vor; die Spiralen auf der Fläche eines Cylinders, Kegels, od. einer Kugel, welche mit den Seitenlinien des Cylinders od. Kegels, od. den großen Kreisen mit einem gemeinschaftlichen Durchmesser durchgehends gleiche Winkel machen, gehören hierher u. viele auf andere Art sich bildende. Diese sind Gegenstand der analytischen Geometrie des Raumes u. können nur durch zwei Gleichungen zwischen den drei Unbekannten x, y, z dargestellt werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 595-596.
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