Firdūsi

[295] Firdūsi (d.i. der Paradiesische, auch Firdausi u. Firdosi, von den Türken Firdewsi gesprochen), ist der Beiname des größten epischen Dichters der Perser, der gewöhnlich Abu'l Kasim Manssur genannt wird, aber eigentlich Hasan ben Ishak ben Scherefschah heißt, u. um 932 n. Chr. im Dorfe Schadas (nach And. Risan) im Districte der Stadt Tus (weshalb er auch den Beinamen Tusi führt) in der Provinz Khorasan geboren war. Über sein früheres Leben ist nichts sicher ermittelt, bis er am Hofe des Sultans Mahmud von Ghasna erscheint, der eine Probe von 1000 Versen seiner großen epischen Dichtung, des Schahnameh (d.i. Königsbuch), mit eben so vielen Goldstücken belohnte u. dem Dichter für jeden folgenden Vers ebenfalls ein Goldstück versprach. Später sank jedoch F. in der Gunst des Fürsten, so daß er für die übrigen 60,000 Verse nur eben so viele Silberstücke erhielt. F. rächte sich dafür durch eine bittere Satyre auf Mahmud, welche ihn vollends in Ungnade brachte. Er reiste hochbetagt umher, war unter Anderem auch am Hofe der Khalifen zu Bagdad u. lebte gegen Ende seines Lebens in Tus, wo er 1020 n. Chr. starb. Seine große Dichtung wurde von Dakiri begonnen, der etwa 1000 Verse (die Geschichte des Guschtasp) lieferte u. nach 30 Jahren (1009 n. Chr.) vollendet. Die Grundlage bildeten alte, mit nationalen Sagen angefüllte Chroniken. Wenn das Schahnameh auch in der Geschichte der Poesie eine wichtige Stellung einnimmt, so ist es jedoch als Geschichtsquelle nur mit größter Vorsicht zu benutzen. Es erzählt die Geschichte Persiens von den ältesten Zeiten bis zur Eroberung durch die Araber, von Kajumes, dem ersten König aus der Dynastie der Pischdadier, bis auf Iesdidschird III., dem letzten Sassaniden. Von vorzüglicher Schönheit sind mehrere einzelne Episoden, wie die von dem Nationalhelden Rustem. Die Handschriften sind sehr ungleich; die reichhaltigsten haben ungefähr 56,000 Doppelverse. Die einzige vollständige Ausgabe besorgte Turner Macan (Calc. 1829, 4 Bde., welche auch die erwähnte Satyre enthält), unvollständig blieben die von Lumsden (ebd. 1811, Bd. 1), sowie bis jetzt die kritische Ausgabe von Mohl (Par. 1828–46, Fol., 1.–3. Bd.). Eine englische Übersetzung des Ganzen begann Champion (Calc. 1785, 1. Bd., Lond. 1790); eine freiedeutsche Bearbeitung Görres im Heldenbuch von Iran (Berl. 1820, 2 Bde); einzelne Stücke von Schack (Heldensagen des Firdusi, ebd. 1851: Epische Dichtungen aus dem Persischen des Firdusi, ebd. 1853, 2 Bde.). Die große Popularität, welche Firdusis Epos bei den Persern genießt, veranlaßte verschiedene Auszüge, so einen arabischen von Abul-Feteh-Iça aus dem Jahre 1276–77 n. Chr. u. einen persischen von Schemschir-Khan vom Jahre 1652 n. Chr. Letzter wurde in Indien in Urdusprache (Hindostani), sowie von Atkinson ins Englische (Lond, 1832) übertragen. Außer seinem Epos hinterließ F. noch einen Divan u. ein romantisches Gedicht über die Lieben des Jusuf u. der Suleicha.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 295.
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