Kalligrăphie

[246] Kalligrăphie (v. gr.), 1) Schönschreiben; Gesetze: möglichste Einfachheit, indem alle Züge vermieden werden müssen, welche nicht nothwendig zur Bildung des Buchstaben gehören; größte Deutlichkeit durch gehörige Ausführung der jedem Buchstaben zukommenden Form; richtiges Größenverhältniß der Buchstaben unter einander, sowie eine gleiche Lage derselben. Dieses richtige Verhältniß scheint für die deutsche Currentschrift getroffen zu sein, wenn der lange Buchstabe die fünffache, der halblange aber die dreifache Höhe des Grundstrichs[246] hat. Die deutsche Currentschrift zerfällt in folgende vier Arten: a) die geradstehende Kanlzei-Current (Sächsische Kanzleischrift, Dresdner Ductus) fest, kräftig u. leicht lesbar; Vorschriften von Roßberg, Bergmann u. Kübler; b) die schräge Kanzlei-Current (moderner Sächsischer [Dresdner] Ductus), etwas leichter u. schwächer; Vorschriften von Hegewald u. Zumpe; c) die eckig flüchtige Current, flüchtiger u. schwächer als die beiden vorigen, aber kräftiger u. schärfer als die Kaufmannsschrift, zu welcher sie den Ubergang bildet; Vorschriften von Beck, Dufft, Schütt u. Stubba; d) die kaufmännische Current, durch Leichtigkeit, Elasticität u. Schärfe ausgezeichnet; Vorschriften von Brückner, Hennig u. Mädler. In Frankreich entspricht denselben die Ecriture ronde, bâtarde, coulée u. expedice (Vorschriften von Bertrand, Bourgoin, Huet de Tostes u. Rossignol), u. in England: The large text, round text, current hand u. running hand (Vorschriften von Butterworth, Belch, Langford, Perkins, Tomkins u. Wheateroft). Schon die Lehrer der Alten übten in ihrem Elementarunterricht die K., s. Hypogrammen. Vgl. Payer's Systematische Anleitung zur K., Wien 1840; Zschille's Elementarschreibschule, Lpz. 1845. 2) Unter den späteren römischen Kaisern u. im Mittelalter die Kunst der Kalligraphen, welche die von Geschwindschreibern (Notarien) geschriebenen Bücher mundirten. Vornehmlich zeichneten sie sich durch Zierrathen in den Anfangsbuchstaben, den ersten Zeilen u. den Einlassungen, bes. der ersten Seite, aus; s. Briefmaler.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 246-247.
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