Knochengallerie

[612] Knochengallerie (Gelatine alimentaire), die durch Auskochen der Knochen gewonnene Gallerte, welche schon 1679 von Papin als gutes Nahrungsmittel empfohlen wurde (L'art d'amollier les os, Par. 1721) u. noch gegenwärtig in Armenanstalten, Hospitälern etc. angewendet wird. Über die ernährenden Eigenschaften der K. ist man bis in die neuere Zeit verschiedener Meinung gewesen, trotzdem, daß sich viele Physiologen bemüht haben, den Werth der Gallerte als Nahrungsmittel festzustellen. Liebig glaubte, daß die Gallerte zur Bildung der Zellen u. Membranen verwendet werde, mit denen sie in ihrer Zusammensetzung übereinkomme; diese Gebilde sind jedoch secundäre Producte u. bestehen[612] in dem ersten Stadium ihrer Entwickelung aus Blastem u. Zellen, aber niemals aus Leim, sondern aus Proteinstoffen. Die Bedeutung der Gallerte als Nahrungsmittel ist jedenfalls eine beschränkte, obgleich nach Genuß derselben der Harn stets reicher an Harnstoff gefunden wird, u. sie jedenfalls an dem Stoffwechsel Antheil nimmt; sie kann zwar einen Theil der stickstofffreien Nahrungsstoffe, der Kohlenhydrate u. Fette, niemals aber die eiweißartigen Verbindungen ersetzen; daher findet man bei Thieren, welche nur mit K. gefüttert werden, eine temporäre Gewichtszunahme, der jedoch später eine Abmagerung u. endlich der Tod folgt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 612-613.
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