Murner [2]

[564] Murner, Thomas, geb. 24. Decbr. 1475 in Strasburg, trat sehr jung in den Franciscanerorden, besuchte die Universitäten Paris, Freiburg, Köln, Rostock, Prag, Wien, Krakau u. wurde auf letzterer Baccalaureus der Theologie. Hierauf eine Reihe von Jahren ein ziemlich unstetes Leben führend u. seiner Streitsucht u. Schmähschriften wegen fortwährend in Händel verwickelt, predigte er eine Zeit lang in Frankfurt, wurde 1506 in Worms vom Kaiser Maximilian zum Dichter gekrönt, lebte dann in Freiburg, Strasburg, Bern (1508) u. Trier, wandte sich hierauf nach Italien, wo er sich einige Zeit in Bologna u. Venedig aufhielt, u. fand endlich eine Zuflucht in Basel, wo er juristische Vorlesungen hielt u. mit der Herausgabe seiner deutschensatyrischen Schriften begann. Die bedeutendsten der letzteren sind: Narrenbeschwörung, Strasb. 1512 u.ö. (Satyren auf alle Stände, bes. auf die verderbte Geistlichkeit); Schelmenzunft, 1512 (gleichen Inhalts), u. Ausg. von Waldau, Halle 1788; Badenfahrt, 1514 (alles zum Baden Gehörige auf Sündenreinigung angewendet); Die Gäuchmode (Basel 1519, gegen die Liebebethörten); Die Mühle von Schwindelsheim (Strasb, 1515, gegen verschiedene Fehler u. Thorheiten gerichtet). Seit etwa 1519 lebte u. lehrte M., welcher indessen Doctor der Theologie geworden war, wiederumin seinem Kloster in Strasburg u. schrieb nur theologische Schriften, welche meist gegen die Reformation u. die Reformatoren gerichtet sind; die beste darunter ist die satyrische Von dem großen Lutherischen Narren, wie ihn Doctor M. beschworen hat (Strasb. 1522, herausgeg. von Kurz, Zür. 1848), vielleicht die beste unter allen gegen die Reformation gerichteten Schriften. Nachdem M. 1523 auf kurze Zeit zufolge einer Einladung Heinrichs VIII. nach England gegangen war, wurde er in seiner Vaterstadt abermals in ärgerliche Händel verwickelt, welche ihn zur Flucht nach Luzern nöthigten, doch auch von hier mußte er in Folge seiner Ausfälle gegen die reformirten Cantone Bern u. Zürich um 1529 fliehen. Seine letzten Lebensschicksale sind noch dunkel, doch soll er 1536 in Heidelberg gestorben sein. M-s lateinische wissenschaftliche Schriften sind werthlos; vgl. Waldau, Nachrichten von Th. M-s Leben u. Schriften (Nürnb. 1775).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 564.
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