Schiwa

[198] Schiwa (Schiwen, Siva), die zweite der drei Hauptgottheiten der Indischen Religion; bedeutet das Feuer als belebende u. zerstörende Kraft. Besondere Mythen von ihm sind die von seiner Vermählung mit Parvati (s.d. 3) od. Bhavani od. Sakti, von dem Ursprung der Ganga (s.u. Ganges 2) u. vom Opfer des Dakscha (s.d.). Im Bogenkampf mit Wischnu wurde er von diesem besiegt (vgl. Dschalinder u. Wrika). Abgebildet wird S. mit einem dritten Auge (Trikanna, Ciakschu) auf der Stirn, welches das Organ seiner Allwissenheit u. strafenden Macht ist; damit verbrannte er z.B. den Kama, als er seine Buße nach Saktis Tode gut hieß; aus diesem Auge entsprang auch die Strafgöttin Durga. Auf dem Haupte trägt S. den Mond; in seinen Locken erscheint die Ganga als kleiner, weiblicher Kopf od. auch als Strom. Gewöhnlich hat er Einen Kopf, oft aber auch fünf; diese wuchsen ihm, als er in allen Richtungen nach der reizenden Tilottama (s.d.) blickte. Bisweilen hat er sogar 16 Arme. Zu seinem Symbolen gehört der Dreizack Tirsut, welcher nie sein Ziel verfehlt; die Schlangen, die er theils als Gürtel, theils als Halsband, theils in den Händen trägt; u. der Lingam (s.d.) als Symbol der zeugenden Naturkraft. Die Erinnerung an die Anordnung des Lingamdienstes feiert man in einer dem S. geheiligten Nacht des Monats März (Schiwararti), wo man kleine Lingams als Amulete verkauft, unzüchtige Lieder singt u. unzüchtige Handlungen begeht. Sein Reitthier (Vahan) ist der Stier Nundi. Namen u. Beinamen: mit Parvati vereinigt als halb Mann, halb Weib dargestellt, heißt er Ardhanari; außerdem Mahadeva, der große Gott; Maheschvara, der große Herr; Isvara, der Herrscher; Schuti, der den Dreizack Führende; Schastava, der Rächer; Rudra, der Fürchterliche etc. Mit Wischnu (Narayen) zusammen dargestellt, hieß er Sangara. Diejenigen, welche den S. als höchsten Gott verehren, Schiwaiten (Sivaiten), theilen sich wieder in mehre Secten, je nachdem sie den Lingam, die männliche Naturkraft, od. die Bhavani, die weibliche Naturkraft, od. endlich Ardhanari, die vereinigte männliche u. weibliche Kraft, vorzüglich verehren.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 198.
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