Stiftgewehr

[829] Stiftgewehr (Stiftflinte, Stiftdorngewehr), gezogene Gewehre, welche von dem französischen Artillerieobersten Thouvenin im Jahre 1844 erfunden wurden u. den Zweck haben, ein schnelleres Laden, als bei den gewöhnlichen Büchsen mit gepflasterten Kugeln möglich ist, zuzulassen. Herzu befindet sich in der vorderen Fläche der Schwanzschraube ein mit seiner Achse genau in der Seelenachse des Rohres stehender Dorn od. Stift eingeschraubt. Wird die Pulverladung eingebracht, so wird sie sich in losem Zustande rings um den Stift lagern, welcher eine solche Länge haben muß, daß er dann noch um ein gewisses Maß über die Oberfläche des Pulvers hervorsteht. Das eingebrachte Geschoß berührt daher nur die Spitze des Stiftes u., durch den Ladestock angesetzt, dehnt es der sich unten eindrängende Stift so weit nach der Seelenwand hin aus, daß es die Züge des Laufes ausfüllt, ohne auf dem Pulver aufzusitzen. Die sphärischen Geschosse (Bleikugeln) unterliegen bei diesem Gewehre einer solchen Formveränderung, daß sie eine höchst ungleichförmige Flugbahn haben. Thouvenin hat deshalb die schon 1828 vom Capitän Delvigne construirten, später von Minié u. Tamisier vervollkommneten cylindro-conischen Bleigeschosse (Spitzgeschosse) mit sehr gutem Erfolg angewendet Die Stiftgewehre sind in vielen europäischen Armeen eingeführt, aber auch vielfachen Modificationen unterworfen, bei manchen Armeen sind sie bereits durch die Zündnadelgewehre verdrängt worden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 829.
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