Lauf [1]

[159] Lauf, 1) beim Standfeuergewehr die Verbindung von Rohr u. Schwanzschraube; 2) der abgestumpfte Kegel mit cylindrischer Seele der zur Aufnahme u. Entzündung der Ladung, sowie zur sicheren Führung der Geschosse dient. Der L. wird aus Eisenschienen gefertigt (weiches, zähes Material); zunächst werden sie unter dem Platinenhammer gestreckt, gebreitet u. über einen Dorn gerollt, die so entstandenen Rohre werden unter dem Rohrhammer nach u. nach zusammengeschweißt; hierauf folgt das Rauhbohren, dann das Glattbohren, Abdrehen u. Schleifen. Das erste geschieht auf einer Bohrmaschine (Bohrbank, Flintenbohrmühle), in welcher horizontal der L. in einen verschiebbaren Schlitten sich auf den Bohrer (Näber), welcher sich um seine Achse dreht, zuschiebt. Der aus Holz od. Gußeisen gefertigte Schlitten, in welchem der L. meist nur an einem Punkte befestigt wird, kann leicht abgenommen u. in umgekehrter Richtung wieder eingesetzt werden, er läuft mit 2 Nuthen in entsprechenden Fugen der Bohrbank. Der wirkende Bohrkolben selbst ist einem vier- od. fünfkantigen Aufreiber ähnlich u. verjüngt sich entweder von hinten nach vorn, od. er ist an der dicksten u. schneidenden Stelle gleich stark u. wird erst nach vorn zu dünner. Die zum allmäligen Ausbohren des Rohres nöthigen Bohrer dürfen nur um eine Linie an Stärke sieigen, u. um die Erhitzung des Bohrers (der bei jedem Einsetzen mit Fett geschmiert wird) u. des Rohres zu mindern, wird das Rohr beständig mit Wasser begossen. Zum Glattbohren des Laufes braucht man einen Bohrer, dessen Kopf an den Schneiden sehr sein abgeschliffen ist, u. man legt auf die eine Seite desselben ein Stück weiches Holz, das in Leinöl getaucht u. mit Schmirgel bestrichen worden ist. Das Rohr hat unten im Eisen mehr Stärke u. verjüngt sich nach oben zu allmälig, seine innere Höhlung heißt die Seele. Bei gezogenen Läufen sind noch Züge eingeschnitten. Die Züge sind spiralförmig gewundene, unter sich parallele Einschnitte in den Seelenwänden des Rohrs. Gerade Züge (Sternzüge) findet man nur noch bei älteren Gewehren. Die Windung (Drall) der Züge ist verschieden, man hat ganzen Drall, 11/2, 5/4, 3/4, 1/2 etc. Drall. Die Zahl der Züge differirt von 2–14. Die Tiefe der Züge ist so, daß das Geschoß durch dieselben geführt wird. Das Ziehen des Laufs geschieht auf der Ziehbank. Das Mundstück mit der Theilscheibe dient zur Regulirung des Dralls u. Führung der Ziehstange. Die Ziehstange mit dem Ziehkolben, auf welchem die Schneiden angebracht sind, dient zum Einschneiden der Züge; es werden immer 2–3 Züge zugleich eingeschnitten. Läufe, die von vorn geladen werden, erhalten den Verschluß durch die Schwanzschraube, zu deren Aufnahme das Rohr mit Muttergewinden versehen ist. Sie läuft nach hinten in einen Vorsprung (Nase, Schweiftheil) aus, durch welche die Kreuzschraube, eine lange Schraube, geht u. den Lauf an den Schaft befestigt. In der Schwanzschraube ist eine trichterförmige Auskehlung eingeschnitten, durch welche das Pulver den Zündkanal beschüttet. Schwanzschrauben, deren Gewindetheil zur Aufnahme des Pulvers mit einer cylindrischen od. konischen Ausbohrung versehen ist, heißen Kammerschwanzschrauben (Patentschwanzschrauben), sie begünstigen die Kraftäußerung des Pulvers. Läufe, die von hinten geladen werden, bedürfen eines beweglichen Verschlusses, der Behufs des Ladens sich leicht vom Rohr trennen, nach dem Laden sich aber leicht so fest mit ihm verbinden lassen muß, daß ein Entweichen von Pulvergasen unmöglich ist. Der Verschluß ist so eingerichtet, daß er in das Rohr ein- od. über dasselbe greift. Außer durch die Kreuzschraube wird der L. noch durch Stifte, die durch angeschmiedete Fortsätze des Laufes gehen od. durch Ringe an dem Schlosse gehalten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 159.
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