Wachsthum

[727] Wachsthum, die als Resultat u. Folge der Entwickelung der Lebensorgane einzelner Körperteile u. somit des ganzen Organismus hervortretende Zunahme des letzteren im Ganzen u. Einzelnen, hinsichtlich seines Umfanges u. seiner Masse. Das W. geht aus dem Bildungstrieb hervor, ist wie dieser an gewisse Zeitperioden u. an ein gewisses Normal gebunden u. zeigt sich an der Zunahme der organischen Masse zunächst dadurch, daß die Zwischenräume der noch im W. begriffenen Gebilde sich immer mehr mit Stoffen erfüllen, welche aus dem flüssigen Zustand in den festen übergehen u. die bereits zu einer festen u. dauernden Bildung gelangte Masse, indem sie sich ihn anfügend von derselben assimilirt werden, auseinander drängen, durch die bestehende Form sich nach allen Seiten hin erweitert, wobei jedoch zugleich manche innere der Lebensperiode, in welcher sich der Körper eben befindet, entsprechende Veränderungen vorgehen. Allzu schnelles W. des Menschen verursacht häufig die sogenannten Wachsthumskrankheiten, bes. im Blut- u. Nervensystem. Der Zeitpunkt, an welchem das W. seinen Kulminationspunkt u. mit diesem sein Ende erreicht, wo also der Körper erwachsen ist, ist bei den verschiedenen Organismen verschieden. Pflanzen, viele Thiere der niederen Klassen, viele Fische, Amphibien u. andere Wasserthiere wachsen, so lange sie leben; Thiere der höheren Klassen u. der Mensch erreichen das Ende ihres W-s lange vor dem natürlichen Tode. Bei dem Menschen ist die vollständige Entwickelung u. Ausbildung der Organe mit dem 21. Jahre vollendet; die Zunahme der Körpergröße aber, bei Jünglingen vom 18., bei Mädchen vom 15. Jahre an, nur noch unerheblich. Das W. ist in der ersten Periode des Lebens, in dem Embryonenzustand, am raschesten, wird aber verhältnißmäßig immer langsamer, je näher der Körper seiner vollständigen Ausbildung kommt; doch ist es nicht selten, daß Individuen der normalen u. ihrem Lebensalter angemessenen Größe u. Ausbildung im W. vorauseilen, daß dem zu Folge dasselbe früher beendet wird, od. daß es nach einiger Zeit wieder einen Stillstand macht, um später auf normale Weise fortzuschreiten; endlich auch, daß Kinder im W. in irgend einer Periode zurückbleiben. Dieses Mißverhältniß gleicht sich oft später wieder aus, hat aber auch oft bleibenden Einfluß auf die zu erlangende Körpergröße, deren Normalmaß zwischen 5–6 Fuß angenommen werden kann. Männer mittlerer Größe nähern sich mehr dem letzteren, Frauen dem ersteren Maß. Überschreitungen nach einer od. der anderen Seite kommen häufig vor; sind dieselben sehr bedeutend, so entstehen die als Riese od. als Zwerg bezeichneten abnormen Bildungen. Wenn nun auch das W. des Körpers im Allgemeinen mit dem Eintritt des männlichen Alters u. wohl noch früher seine Endschaft erreicht, so dauert dasselbe doch in einzelnen Theilen, bes. solchen, welche mehr den regulativen Charakter haben, wie z.B. Haare u. Nägel, sowie auch die Epidermis bis zum Tode fort, wohin auch die Zunahme des Körpers in Hinsicht der Dicke, durch Erzeugungen von Fett, zu rechnen ist.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 727.
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