Chicagoer elektrische Schnellbahnen

[174] Chicagoer elektrische Schnellbahnen. Chicago besitzt ein Netz elektrischer Hochbahnen, die gemäß Abb. 133 als Halbmesserlinien auf einer 3∙2 km langen gemeinsamen Schleife (Union loop) (Abb. 134) den Kern der Stadt durchziehen, zum Teil außerdem vor der Schleife in Kopfbahnhöfen endigen. Das Netz setzt sich zusammen aus den Linien der Südseitehochbahn, der Metropolitan-Westseitehochbahn, der Chicago- und Oak Park-Hochbahn, der Nordwesthochbahn, der Unionhochbahn (Schleife) und kurzen Strecken einiger zur Herstellung der Anschlüsse gebildeten Hilfsgesellschaften. Die Nordwesthochbahn besitzt die Mehrheit des Aktienkapitals der Oak Park-Gesellschaft und das gesamte Aktienkapital (6 Mill. Doll.) der Schleifengesellschaft. Die übrigen Gesellschaften zahlen[174] für die Benutzung der Schleife die anteiligen Betriebs- und Ausbesserungskosten, Steuern u.s.w. und außerdem 1/2 Cent Abgabe für jeden die Schleife benutzenden Fahrgast. Die Westseitehochbahn hat mit der Aurora Elgin- und Chicagobahn einen Mitbetriebsvertrag auf 40 Jahre abgeschlossen, der der ersteren das Recht zum Mitbetrieb der Strecke von der 52. Avenue westwärts bis zum Plaines-Fluß (Altenheim) gewährt, während die letztere einen Teil ihrer Züge bis zum Endbahnhof der Westseitehochbahn an der 2. Avenue (unmittelbar vor der Schleife) vorschickt. Die Nordwesthochbahn betreibt auf Grund eines 37jährigen Vertrages außer den eigenen Strecken mit durchgehenden Zügen den Evanston-Abschnitt der Chicago-, Milwaukee- und St. Paul-Bahn. Die Süd- und Westseitehochbahn sowie die Nordwesthochbahn sind seit 1911 durch Aufkauf der ausstehenden Vorzugs- und Stammaktien in die Hände des Chicago Elevated Railways-Unternehmens übergegangen1; [175] Verwaltung und Betriebsführung der Bahnen werden nunmehr unter einheitlichen Gesichtspunkten durchgeführt.

Die Betriebe der sämtlichen 4 Hochbahnen sind auf der Schleife miteinander verkettet. In die Benutzung der beiden Schleifengleise teilen sich die Bahnen so, daß die Züge der Süd- und Westseitehochbahnen das Innengleis, die der Nordwesthochbahn und der Oak Park-Hochbahn das Außengleis der Schleife befahren (Abb. 134), was zu eigenartigen Bahnhofsformen geführt hat (Abb. 135). Überaus bedenkliche Punkte in Anbetracht der starken Belastung (Abb. 136) der Schleifenanlage sind die Schienenkreuzungen an den Einführungsstellen, die nicht allein die Leistungsfähigkeit der Schleife in höchstem Maße beeinträchtigen, sondern auch nach hierzulande üblichen Auffassungen als Gefahrstellen schlimmster Art zu erachten sind. Die Einführungsstellen der Schleife sind stellwerkmäßig gedeckt; im übrigen wird in der Schleife auf Sicht gefahren, mit geringstem Abstände der langsam die Schleife durchschleichenden Züge.

Die in die Schleife einmündenden Linien haben außer den Personenzuggleisen zum Teil und auf einzelnen Abschnitten noch dritte und vierte Gleise für Schnellzugbetrieb.

Die Unhaltbarkeit der Linienverkettungen auf der Schleife, ferner der Übelstand, daß der Chicagofluß im Interesse des Schiffahrtverkehrs nur mit beweglichen Brücken – Roll- und Drehbrücken – überschritten werden durfte, die zeitweise geöffnet werden müssen, haben die Frage der Verbesserung oder des Ersatzes der völlig verfehlten Schleifenanlage durch zweckmäßigere Bahn- und Betriebsformen (durchgehende Betriebe in nordsüdlicher Richtung u.s.w.) nicht zur Ruhe kommen lassen. Bion Joseph Arnold u.a. haben wiederholt Abhilfsvorschläge gemacht; wenn auch einige dieser Vorschläge auf Beibehaltung der Hochbahnform abzielen und nur die Schienenkreuzungen »fliegend«, das heißt schienenfrei, gestalten wollen, so weist die endgültige Lösung wegen der Flußkreuzungen doch auf die Untergrundform der Schnellbahn hin. Um im Interesse des Gesamtverkehrs[176] die geeignetsten Maßnahmen treffen zu können, wird zurzeit darauf hingearbeitet, dem Hochbahnunternehmen auch die Straßenbahnen einzuverleiben.

Das Wirtschaftsergebnis der elektrischen Schnellbahnen stellte sich im Jahre 1910, ehe die Verschmelzung erfolgte (für die Oak Park im Jahre 1909), wie folgt:


Chicagoer elektrische Schnellbahnen

Kemmann.

Abb. 133. Lageplan der Chicagoer Schnellbahnen.
Abb. 133. Lageplan der Chicagoer Schnellbahnen.
Abb. 134. Hochbahnschleife.
Abb. 134. Hochbahnschleife.
Abb. 135. Schleifenbahnhof an der Madisonstralte.
Abb. 135. Schleifenbahnhof an der Madisonstralte.
Abb. 136. Beispiel für die Zugbelastung in der Schleife.
Abb. 136. Beispiel für die Zugbelastung in der Schleife.
1

Für die Aktien (100 $-Stücke) wurden gezahlt: für die Stammaktien der Südseitenochbahn und die Vorzugsaktien der Westseitehochbahn 75 $, für die Vorzugsaktien der Nordwesthochbahn 70 $, ferner für die Stammaktien der letzteren 30 $ und die der Westseitehochbahn 27∙5 $!

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 174-177.
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