Kranwagen

[457] Kranwagen (crane truck, travelling crane, derrik car; wagon grue; carro gru), Eisenbahnwagen, auf die ein Kran gesetzt ist. Sie lassen sich im Bedarfsfall leicht und rasch nach den Stationen, die nicht mit genügenden Hebevorrichtungen ausgerüstet sind, oder auf die Strecke schaffen.

Bei der Berechnung solcher K. ist hinsichtlich ihrer Standsicherheit auf die Stellung derselben in Bogen (Gleisüberhöhungen) Bedacht zu nehmen.

In vielen Fällen wird mittels Unterbauung des Kranes oder mittels seitlich angebrachter Stützbalken die gewünschte Standsicherheit des K. herbeigeführt.

Abb. 252 zeigt einen K. mit 4∙5 m Ausladung vom Kranmittel bis zum Hakenmittel, einer Hubhöhe von 5∙5 m von Schienenoberkante bis zum ganz aufgezogenen Lasthaken und mit 5000 kg Tragkraft ohne und 7500 kg Tragkraft mit Verwendung der Schienenzangen; dieser wurde von der Maschinen- und Waggonbau-Fabriks-Aktiengesellschaft in Simmering (Wien) für die österr. Staatsbahnen gebaut.

Der Kran ist auf einem normalen, zweiachsigen Wagenuntergestell aufgebaut, welches mit vier Zangen an den Schienen befestigt wird, sobald große Lasten gehoben werden sollen.

Die gußeiserne Kransäule, die das bewegliche Krangerüst trägt, ist in das schmiedeiserne Wagengestell unbeweglich eingebaut.

Das Krangerüst besteht aus einem gußeisernen Windenschild mit Windwerk, der genieteten Strebe, den schmiedeisernen Zugstangen und einem Rahmen mit Gegengewicht. Es stüzt sich mittels eines Spurzapfens auf die im Säulenkopf angebrachte Spurpfanne. Das Halslager besitzt Wälzrollen, die einem Rollenkranz angehören, der zwischen dem zylindrischen Teil der Kransäule und dem unteren (gleichfalls zylindrischen) Teil des Windenschilds beweglich eingelegt ist.

Der Ausleger ist umlegbar, damit beim Transport im fahrenden Zuge kein Teil des Kranes aus dem Umgrenzungsprofil hinausragt. Als Lasthuborgan ist ein Stahldrahtseil vorgesehen.

Der Antrieb erfolgt mittels zwei gefräster Stirnrädervorgelege und zwei Handkurbeln. In das Windwerk ist eine Lamellenbremse eingebaut, die die Last selbsttätig bremst und ein leichtes und rasches Senken der Last mittels der Kurbeln ermöglicht. Das Gegengewicht ist auf einem Kranwagen-Eisenrahmen gelagert, welcher im Ruhestande und während des Transportes des K. um eine selbsttätige Verschiebung des Gegengewichtes zu verhindern, mit drei Schraubenspindeln auf dem Untergestell festgestellt und vor dem Anheben einer größeren Last mittels zwei Handräder derart ausgeschoben wird, daß das Gegengewicht in die äußerste Stellung zu liegen kommt.

Behufs Umlegung der Kranstrebe wird die Streckbirne in die höchste Lage gebracht, wobei sich der Zapfen der Streckbirne in die am Strebenkopf befindlichen Gabeln legt und das Lastseil mäßig gespannt wird, so daß die Zugstangen entlastet sind. Hierauf werden die Zugstangenverbindungen[457] gelöst und kann sodann mittels des Windwerkes das Lastseil nachgelassen und die Strebe bis in die gewünschte Lage gesenkt werden.

Der K. besitzt keine durchgehende Zugvorrichtung; die Buffer, Kupplung, Tragfedern, Lager, Räderpaare u.s.w. entsprechen den üblichen Anordnungen für Eisenbahnwagen und kommt bei der Wahl derselben nur die Tragfähigkeit in Betracht.

Bei stärkeren Belastungen des K. werden die Tragfedern durch Holzklötze oder Eisenkeile abgestützt, die man zwischen die Federbunde und die darüber befindlichen Längsträger des Wagens einschiebt.

Abb. 253 zeigt einen von der erstgenannten Maschinenfabrik für die orientalischen Bahnen ausgeführten dreiachsigen K. für Handbetrieb mit 10.000 kg Tragkraft und 5 m Ausladung vom Hakenmittel bis Kranmittel.

Der Kran ist auf einem normalspurigen, dreiachsigen Wagenuntergestell aufgebaut, das mit Rücksicht auf die auftretenden großen Kippmomente besonders kräftig ausgebildet ist.

Um ein seitliches Kippen bei Querstellung des Auslegers und größter Belastung zu verhindern, sind am Untergestelle an den vier Eckpunkten kräftige Schraubenspindeln vorgesehen, die den Wagen auf dem Boden abstützen und dadurch die Radsätze und Federn entlasten. Im Untergestelle ist ein Stahlgußkreuz mit einer Kransäule aus geschmiedetem Martinstahl eingebaut. Der Kran stützt sich oben mittels eines Spurzapfens, hingegen unten mittels eines Druckrollenkranzes an die Kransäule ab.

Der Lastausleger und der rückwärtige Gegengewichtsausleger sind aus Walzeisen. Der Lastausleger ist umlegbar, damit beim Transport im Eisenbahnzuge kein Teil aus dem Umgrenzungsprofil hinausragt.

Das Windwerk besteht aus drei Stirnradvorgelegen und einer Lamellenbremse. Ein Stahldrahtseil in vierfacher Aufhängung trägt den auf Stahlkugeln gelagerten Lasthaken.

Mit dem Hubwerk verbunden ist eine selbsttätige Vorrichtung zum Verschieben des Gegengewichtes entsprechend der Größe der aufzuhebenden Last. Das Gegengewicht wird von zwei Ketten gezogen, deren Scheiben auf der gleichen Achse aufgekeilt sind, auf der sich eine Spiralscheibe befindet. Auf letztere wickelt sich ein Drahtseil, das mit dem Lasthebeseil verbunden ist. Beim Anheben größerer Lasten wird durch Abziehen des auf die Spiralscheibe aufgewickelten Seiles mit der steigenden Seilspannung das Gegengewicht in die der Größe der Last entsprechenden Stellung verschoben.

Abb. 254 zeigt einen von der Maschinen- und Waggonbau-Fabriks-Aktiengesellschaft in Simmering (Wien) für die österreichischen Staatsbahnen ausgeführten vierachsigen K. mit Dampfbetrieb, der infolge seiner hohen Tragkraft von 20 t bei normaler Spurweite besondere Beachtung verdient.

Er besteht aus zwei Hauptteilen, und zwar aus dem K. und dem eigentlichen Krane. Das Untergestell des K. ruht auf acht Scheibenrädern mit Radreifen, die 1 m Durchmesser und im Radsitz 145 mm Bohrung haben. Die Achsstummeln haben 106 mm Stärke und 200 mm Länge. Die Blattfedern besitzen eine Tragkraft von je 12.000 kg und sind auf 14.500 kg erprobt. Die Zugvorrichtung ist keine durchgehende, die Buffer sind Hülsenbuffer normaler Bauart.

Der Kran ist an einer geschmiedeten Martinstahlsäule drehbar aufgehängt. Letztere steckt[458] in einer aus Stahl hohlgegossenen Platte und diese ist an den beiden Rahmen des Untergestells angeschraubt. Auf der Säule hängt der Kran mittels zweier Windenschilde aus Stahlguß, die oben durch ein Querhaupt mit Spurzapfen, unten durch einen Ring mit Rollenführung verbunden sind.

Die Windenschilde tragen die Zwillingsdampfmaschine mit Antrieb zum Heben und Senken der Last, zum Drehen des ganzen Kranes und einen Handantrieb für die gleichen Zwecke, ferner den Dampfkessel mit seinen Armaturen, Wasserkiste und Kohlenbunker, weiters den Gegengewichtsrahmen mit selbsttätig ausfahrendem Gegengewicht, die Lagerung des Auslegers und der Zugstangen, ein Wellblechdach und die Plattform für die Bedienungsmannschaft.

Die Dampfmaschine hat zwei Zylinder mit je 200 mm Bohrung, 200 mm Hub und ist umsteuerbar. Der Kessel ist ein Siederohrkessel mit 6∙9 m2 Heizfläche und 8 Atmosphären Betriebsdruck.

Das Heben der Last erfolgt durch Übersetzung von der Kurbelwelle auf den Gallschen Kettenstern mittels Zahnradgetriebes, das Festhalten der Last in jeder Stellung sowie das Abwärtswinden durch eine Schneckenradbremse, derart, daß im Stillstand und beim Zurückdrehen sich ein selbstbremsendes Schneckenradgetriebe selbsttätig und stoßfrei einlöst. Eine Fußbremse, die außerdem angebracht ist, dient dazu, um die schwingenden Massen rasch zur Ruhe zu bringen und die Last in jedem Punkte genau einstellen zu können.

Als Tragorgan dient eine Gall'sche Kette, die über eine lose Rolle läuft, und deren ablaufendes Ende in einen nach unten offenen Schlauch geführt wird, von wo sie sich in kurzen Schlingen selbsttätig aufhängt. Das Drehen des Kranes erfolgt mittels zweigängigen Schneckenradgetriebes. Das Umschalten in die Hub- und Drehbewegung wird mit den auf der Kurbelwelle befindlichen Friktionskupplungen, die durch ein Handrad betätigt werden, eingeleitet.

Wenn das Gewicht der angehängten Last 5000 kg überschreitet, dann beginnt das Gegengewicht selbsttätig auszufahren, und zwar bis ans Ende des Gegengewichtsträgers, wenn die Last das Gewicht von 10.000 kg erreicht.

Das selbsttätige Ausfahren wird in der Weise erreicht, daß das eine Kettentrum, an dem die Flasche mit dem Haken hängt, zum Windwerk führt, das andere aber nicht fest aufgehängt ist, sondern zu zwei Spiralscheiben führt, die durch die Kettenspannung bis zu 360° gedreht werden und hierdurch das Ausschieben des Gegengewichtes bewirken.[459]

Für den Transport des Kranes wird der Kranausleger gesenkt, was durch das Kranwindwerk mittels Handkurbeln erfolgt. Das Hakengeschirr wird hochgehoben, bis sich dasselbe in den oberen Gabeln feststützt, dann werden die beiden Zugstangen ausgehängt und der Ausleger wird mittels Windwerks gesenkt, bis er auf dem Sattel eines eigenen Beiwagens aufliegt. In dieser Stellung erfolgt der Transport.

Das Heben des Auslegers erfolgt in umgekehrter Weise, wobei durch zwei schwache Drahtseile das Gegengewicht gegen das Ausfahren durch Sperrklinken selbsttätig gehindert wird.

Bis zu rund 10 t (in Krümmungen entsprechend weniger) ist der Kran auf den Schienen stabil.

Sollen Lasten über 10.000 kg gehoben und gesenkt werden, dann ist es notwendig, die beiden Roste, die auf einem Beiwagen mitgeführt werden, zu verwenden, und zwar in der Weise, daß man sie zu beiden Seiten der Schienen gut verlegt. Hierauf werden die an jeder Längsseite des K. befindlichen zwei kräftigen Stützschrauben so lange in die Stahlpfannen der Roste niedergewunden, bis der ganze Kran nicht mehr auf den Federn und Achsen, sondern ausschließlich auf den vier Schraubenspindeln ruht.

Der solcherart unterstützte Kran hat noch bei 20 t Belastung am Kranhaken volle Standsicherheit. Die Ausladung des Kranes beträgt vom Kranmittel 5∙5 m, die höchste Hakenstellung von Schienenoberkante 6∙5 m. Das Eigengewicht des Kranes beträgt 42.000 kg, das Gegengewicht ist mit 10.000 kg bemessen. Der Kurs des Gegengewichtes beträgt 1∙5 m. Die Hubgeschwindigkeit bei Dampfbetrieb ist etwa 1∙25 m i. d. Minute, die Drehgeschwindigkeit, am Lasthaken gemessen, etwa 20 m i. d. Minute.

Dem im Bahnbetriebe herrschenden Bedürfnis nach einem K., dessen Umrißlinien beim Transporte ohne Zuhilfenahme eines Schutzwagens innerhalb des Bahnprofiles bleiben, soll der in den Abb. 255 a und b dargestellte, von Karl Flohr in Berlin gebaute K. abhelfen.

Derselbe ruht auf einem gewöhnlichen Wagengestell mit 31/2 m Achsstand, hat eine Tragkraft von 6 t bei 41/2 m Ausladung vom Hakenmittel bis Kranmittel. Das Krangerüst ist um die Säule a auf Kugel- und Rollenlagern drehbar angeordnet. Das Windwerk b dient zum Drehen des Kranes und nach erfolgter Umschaltung auch zum Verschieben des Gegengewichtes c.

Der mit vier Rädern versehene Ausläufer läuft auf einer die obere Begrenzung des Kranunterteiles[460] bildenden, aus Kranwagen-Eisen hergestellten Bahn, und zwar laufen die vorderen Räder auf den Kranwagen-Eisen, die hinteren in denselben.

Auf der vorderen Strebe des Krangestelles ist das Hubwindwerk mit obenliegender Trommel angeordnet. Seil oder Kette sind zweisträngig gewählt, damit einseitige Momente vermieden werden. Die Stränge gehen über zwei auf der hinteren Achse des Auslegers gelagerte Rollen zu den Umleitrollen in der Spitze des Auslegers und zum Lasthaken. Der infolge dieser Seilleitung entstehende Zug schiebt den Ausleger in die vordere Stellung, sobald das Windwerk mit der Kurbel d in Tätigkeit gesetzt wird. In dieser Arbeitstellung wird der Ausleger durch zwei beiderseits angebrachte Haken selbsttätig verriegelt.

Soll der Ausleger wieder eingeschoben werden, so ist es nur nötig, die Haken zu lösen und die Bremse des Windwerkes zu lüften; er läuft dann selbsttätig auf der zu dem Ende entsprechend geneigten Bahn in seine Ruhelage zurück und befindet sich in dieser Stellung innerhalb des lichten Raumes. Der Neigungswinkel der Laufbahn und die vom Seile auf den Ausleger ausgeübten Kräfte sind aus Sicherheitsgründen so bemessen, daß der belastete Ausleger auch dann in seiner äußersten[461] Stellung bleibt, wenn die Sicherheitshaken gelöst werden. Nur bei kleiner Last oder unbelastet kann der Ausleger zurücklaufen.

Zum Ausschieben des Auslegers sind etwa 3/4, zum Einziehen etwa 1/2 Minute erforderlich.

Der Kran kann, wie bereits früher erwähnt, ohne Schutzwagen in Zügen befördert und infolge seiner einfachen Bauart auch von ungeschulten Arbeitern bedient werden.

Abb. 256 zeigt einen K. amerikanischer Bauart (Brown Hoisting and Conveying Machinery Co in Cleveland Ohio U.S.A.), bestehend aus einem vierachsigen Wagengestell, auf dem zwei Drehkrane mit einer Tragkraft von je 10 t aufgesetzt sind. Die Drehkrane sind einfacher Bauart; dieser K. findet in Werkstätten und auf der Strecke zum Heben verschiedenartiger Lasten Anwendung.

Spitzner.

Abb. 252.
Abb. 252.
Abb. 253.
Abb. 253.
Abb. 254.
Abb. 254.
Abb. 255 a u. b.
Abb. 255 a u. b.
Abb. 256.
Abb. 256.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 457-462.
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Faksimiles:
457 | 458 | 459 | 460 | 461 | 462
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