Krähen

1. Man muss nicht zu früh krähen.

Nicht jubeln vor der Zeit; erst den Ausgang der Sache abwarten.


*2. Nymer mehr krähet ein kur1 wie ein han. Luther's Ms., S. 10.

1) Kur, Kurre, einer der vielen Namen, die der 1530 von den Portugiesen aus Indien (Kalkutta) nach Europa gebrachte, auch unter dem Namen Truthahn bekannte Vogel erhalten hat. (Vgl. Frommann, III, 206, 2, 1.)


3. Swenne hât gekrat der abent hân, daz krut wol marner triuten kann.H. von Misen, 1276-1300.

Wenn der Abend kommt, geht die Katze (marner, murner,) auf Raub. Die Katzen verbergen sich im Kraut, also lieben sie es.


4. Viel besser kräht der Hahn, so er die Kehle feuchtet an.Eiselein, 271.

Lat.: Cantabit melius colluto gutture gallus. (Eiselein, 370.)


5. Vor dem Krähen des Hahnes fliehen alle bösen Gespenster.Montanus, Deutsche Volksfeste, Iserlohn 1858, II.)


*6. Da kräht kein Hahn danach.

Gleichgültigkeit bei gewissen Ereignissen. Der Hahn kräht nach nichts; wenn also der Hahn nicht einmal nach etwas kräht, so muss es sehr unbemerkt bleiben.


*7. Die kräht wie ein Hahn.

Singt schlecht.


*8. Doa kreit nich Hund or Hân na.Mohnike, I, 70; Schiller, III, 14b; Lohrengel, II, 63; Kern, 623.

Latendorf (Frommann, II, 222) bemerkt zu dieser Redensart: »Die Aehnlichkeit in der Aussprache zwischen Hôn (Huhn) und Hân (Hahn) hat wol allein dazu verführt, den Hund, lautlich, an die Stelle des Huhns zu setzen. Jedenfalls wird an den Hund dabei kaum gedacht, wenn man auch überhaupt von solchen Zusammenstellungen wird sagen müssen, dass sie stets mehr dem Sprachgefühle als dem Sprachbewusstsein ihren Ursprung verdanken.« Latendorf macht noch auf die Anwendung des »Oder« in der obigen Redensart nach einer vorangegangenen Verneinung in der Art des Lateinischen aufmerksam, die auch in andern Redensarten vorkommt, z.B. In de Strümp is kên Grund orer Borren (Boden). De Lüd häbben nich Katt orer Hund. He wêt nich von hot orer hül. Dor is nich Stock orer Stäl (Stiel) mîr von.

Holl.: Daa kraalt noch haan noch hen. (Harrebomée, I, 265.)


*9. Dor kräit gennen Hahn no. (Kleve.) – Firmenich, I, 382, 28.


*10. Er chrait wie der Goggel uf em Mist. (Luzern.)

Dän.: Han galer som en veyr-høne. (Prov. dan., 213.)


*11. Er kann weder krähen noch gackern.Altmann VI, 517.


*12. Ma dorf nich ze frî krä'n. (Schles.) – Frommann, III, 248, 231; Gomolcke, 822.

»Da liegt eben der Hund begraben, doss sulche Loite zu früh krehen und immer eher fliegen wollen, als ihn'n die Flügel gewachsen sind.« (Keller, 161b.)


*13. Sie kräht wie die Henne, wenn sie auf dem Bienenkorb sitzt. (Stallupönen.) – Frischbier2, 2162.


[1569]

14. Es kräht weder Huhn noch Hahn darnach. (Köthen.)


*15. Dem krähe der Hahn.Hermes, I, 393.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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