Obst

1. Das beste Obst fällt mit der Zeit ab.


2. Es ist nicht das schlechteste Obst, an dem die Wespen nagen.Eiselein, 498.

Lat.: Bos lassus fortius figit pedem. (Erasm., 954; Tappius, 185b.)

Schwed.: Gammal oxe trampar tungt. (Grubb, 459.)


3. Es ist übel Obst, das nicht zeitig werden will.

It.: Non vi è peggior frutto di quello che non si matura. (Pazzaglia, 141, 3.)


4. Früh Obst verwelkt bald.Simrock, 7627.

Die Frühreife des Geistes ist mehr bedenklich als erfreulich.

Schwed.: Omogen frucht rutnar snart. (Grubb, 614.)


5. Man isst (esse) das Obst, ohne zu untersuchen, auf welchem Baume es gewachsen ist.


6. Obst, das langsam reift, liegt desto länger. Herberger, 444.


7. Obst ist kein Brot.

Frz.: Poignée de main, ne vaut pas poignée de pain. (Cahier, 1412.)


[1091] 8. Reif Obst soll man pflücken bei wachsendem Monde.Eiselein, 498.

Lat.: Luna crescente decerpere poma memento, nam dum decrescit, quod scarpseris inde putrescit. (Eiselein, 498.)


9. Spät obs ligt am lengsten.Franck, I, 104a; II, 142a u. 153b; Egenolff, 17a; Gruter, I, 68; Eyering, III, 305; Petri, II, 539; Eiselein, 498; Simrock, 7626; Körte, 4625; Braun, I, 3110.

Lat.: Quae sero contingunt sed magnifica. (Egenolff, 7a.) – Senescit bos, at opera multa bovis. (Philippi, II, 176.)


10. Unreifes Obst ist sauer.Parömiakon, 1071.

Nicht blos sauer, sondern auch ungesund.

Frz.: Les prunes et le melon mettent la fièvre en la maison. (Cahier, 1069.)


11. Verbotten obs ist süss.Gruter, I, 67; Petri, II, 566; Sailer, 170; Eiselein, 498; Simrock, 7625; Körte, 4624; Braun, I, 3109.

Engl.: Forbidden fruit is sweet. – Stolen waters are sweetes. (Masson, 268.)

Frz.: Les fruits difendus sont les plus doux.

It.: I frutti proibité sono i piu dolci. (Masson, 268.)

Lat.: Cupiditati nihil sufficit. (Chaos, 1081.) – Dulcia poma absente custode. (Masson, 268.)


12. Was Obst der Mann hat, das soll er verzehnten.Graf, 123, 333.

So wenig kannte das gepriesene Mittelalter für den Kleinbesitzer volles Eigenthumsrecht an, dass sogar nach dem Gotteshausrechte von Wertnau der Zehnt vom Obste entrichtet werden musste, selbst vom wilden. Fällig war der Zehnt, wenn die Frucht vom Baume gefallen war. Der Zehntpflichtige rief dies dreimal aus und liess dann den zehnten Theil auf Gefahr des Zehntherrn liegen. Wer keinen Obstzehnt geben wollte, musste die Obstbäume umhauen, damit Getreide oder Gras an der Stelle wachsen konnte.

Mhd.: War obs ein man het daz ez nusset, dz sal er als vercehenden. (Grimm, I, 313.)


13. Wenn das Obst reif ist, so fällt's ab.


14. Wenn man das Obst nicht rechtzeitig abnimmt, so fault es.

Aehnlich die Russen Altmann V, 81.


15. Wer Obst hat, dem fehlt's an Gästen nicht.


16. Wer Obst im eigenen Garten hat, isst, wenn er will.

Böhm.: Na své ovoce může kdy kdo chce. (Čelakovský, 292.)


*17. Er hat verboten Obst gegessen.Eiselein, 498.


*18. Hür git's vil Obs.Sutermeister, 60.

In der Schweiz zu dem, der den Kopf stützt.


*19. Ich danke für Obst.Klix, 55.


*20. Obst in fremden Gärten lesen.

Lat.: Gemmas ex alieno littore petere.


*21. Wir danken für Obst und sonstige Früchte.

In Hirschberg verhüllter Glückwunsch zu einer vermutheten Schwangerschaft.


[Zusätze und Ergänzungen]

22. Es gibt kein Obst so rauher Art, das mit der Zeit nicht mürbe ward.

It.: Non vi sono frutti si duri, che il tempo non maturi. (Giani, 722.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Catharina von Georgien

Catharina von Georgien

Das Trauerspiel erzählt den letzten Tag im Leben der Königin von Georgien, die 1624 nach Jahren in der Gefangenschaft des persischen Schah Abbas gefoltert und schließlich verbrannt wird, da sie seine Liebe, das Eheangebot und damit die Krone Persiens aus Treue zu ihrem ermordeten Mann ausschlägt. Gryphius sieht in seiner Tragödie kein Geschichtsdrama, sondern ein Lehrstück »unaussprechlicher Beständigkeit«.

94 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon