Steuer (Abgabe)

[842] Steuer (Abgabe).


1. Der Steuer kann man nicht entlaufen.

Eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau sagt: Var S'chim thur män nit entlaufen, d.h. man darf (soll) sich dem Steuerzahlen, den allgemeinen Lasten nicht entziehen.


2. Steuer geben und Sterben muss man überall.


3. Steuern sind keine Liebesgaben.

Dän.: Skat og skyld er ingen ære-gave, men en pligt. (Prov. dan., 14.)


4. Steuern und schlecht Wetter sind nicht beliebt.

»Steuern und schlecht Wetter sind ominös für jede Regierung


5. Um an Kreuzer Steuer soll men an Gaul zu todt reit'n. (Franken.)

Zunächst die Abgeneigtheit zum Steuerzahlen ausdrückend, dann aber auch, um zu sagen: für das kleinste Recht soll man das grösste Opfer nicht scheuen.


6. Wenn die alten Steuern zu schwer sind, muss man keine neuen dazu machen.

»Wenn die Unterthanen, sagte Kaiser Valentinian, die alten Auflagen nicht bezahlen können, wie werden sie die neuern bezahlen.« (S. Ambros. orat. in Valentiniani funere.)


7. Wenn's an die Steuer (zum gemeinen Nutzen) geht, so sucht jeder den Bettelmantel hervor.

Vgl. Schlosser's Geschichte des 18. u. 19. Jahrhunderts, I.


8. Wer die Steuern verdoppeln will, soll auch zweifache Ernten geben.

»Willst du die Auflagen verdoppeln«, sagte Hybranas zu Antonius, »so gib uns eine doppelte Ernte.« (Plutarch.) Sprichwort wie andere Aussprüche aus allen Zeiten warnen davor, die Steuerkraft des Volks zu sehr anzuspannen. »Alle Finanzoperationen, die zu tief ins Fleisch eindringen, gehen auf das Leben des Staatskörpers.« »Das Aerarium«, sagt Plinius, »sei keine Niederlage von Bürgerspolien.« Und Seneca bemerkt: »Ein Wald ist bald zu Asche gemacht.« Unser deutsches Sprichwort spricht den Gedanken bekanntlich durch die Worte aus: »Man mag die Schafe scheren, man soll ihnen aber die Haut lassen.« »Nimm der Henne die Eier ab«, sagt Lafontaine, »aber lass ihr den Eierstock.« Als die Präfecten der Provinzen dem Tiberius den Vorschlag machten, die Auflagen noch mehr zu erhöhen, gab er zur Antwort: »Man mag wol die Schafe scheren, aber erwürgen muss man sie nicht.« (Vgl. Kornmann, IV, 22; V, 214.)


9. Wer keine Steuer gibt, hat auch keine Stimme.

In Warschau jüdisch-deutsch: Wer es git kein S'chim, hat kein Deje (Meinung, Stimme). Ferner: Wer es git nit zü Steuers thur in der Kasche nit herein schreien. Wer keine Beiträge für die öffentlichen Angelegenheiten gibt, hat auch keine Stimme, wenn über dieselben berathen und beschlossen wird. Kasche vom polnischen kasza = Grütze.


*10. Steuer vnd Bett von todten nemen.Eyering, II, 414.


*11. Zur Steuer der Wahrheit.

»Die Wahrheit muss ihr Recht haben.« (Ludmilla Assing.)


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12. Steuern haben wir wol, aber Baares fast nix, sagte der Oesterreicher, als ihn der Steuerbeamte fragte, ob er Steuerbares habe.


13. Was man an Steuer unterschlagen, muss man aufs Strafamt tragen.

Kroat.: Kaj je na harmici dobil, to je na malti zgubil. (Čelakovsky, 60.)

Poln.: Na cle przyszło, na przewozie odeszło. (Čelakovsky, 60.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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