Theilen

1. Beim Theilen zeigt sich an der rechtschaffene Mann.

Engl.: All the honesty, is in the sparting.


2. Der Aeltere theilt, der Jüngere kiest.Braun, I, 4481.


3. Gleich und recht theil mit männiglich, und nicht nach Gunst das Urtheil sprich; den Armen hör, sein Noth betracht, wirst bei Gott vor der Welt geacht, denn wo du hältst unrecht Gericht, wird dirs Gott wieder schenken nicht.Töppen, 88, 89.

Stand als Inschrift in der alten Rathsstube zu Wittenberg.


4. Theile und herrsche.

Gebiete und entzweie. Ein wörtlich aus dem Lateinischen in unsere Literatur übergegangener Spruch, in den einst Augustus das Geheimniss seiner Herrschaft fasste und der noch bis auf unsere Zeit in den verschiedensten Lebensverhältnissen zur Anwendung gebracht wird.

Lat.: Divide et impera. (Schulblatt, 475; Binder II, 821.)


5. Wenn du theilst, so theile gleich.

Engl.: Share and share alike; some all, some ne'er a white. (Bohn II, 131.)


6. Wenns geht an ein theilen, so gehets an ein scheiden (rauffen).Petri, II, 672.


7. Wer nicht weiss zu theilen, muss oft lassen feilen.Körte, 6780.

Wo dann gewaltsam getrennt wird, was nothwendig zueinander gehört.


8. Wer theilt, bekommt den schlechtesten Theil.

Span.: Quien departe lleva la peor parte. (Bohn I, 248.)


*9. Er theilt mit ihm, wie der Pfaff von Kalenberg mit des Herzogs Thürwart.Eiselein, 359.

Dieser Schalksnarr machte dem Herzog von Oesterreich einen grossen Fisch zum Geschenk; und da er dem Thürwart die Hälfte des Trinkgeldes versprochen, so bat er um nichts als einige Maulschellen, die er sodann redlich mit dem Lakei theilte.


*10. Er theilt und wählt zugleich.

Auf dem Gebrauche des Theilens und Wählens (s. Aelterer) beruht, wie W. Wackernagel nachweist, eine sprichwörtliche Redensart, die uns bei den Dichtern des Mittelalters häufig begegnet. Von einem, der die ganze Fülle des Glücks und der Gewalt in Händen hat, wird gesagt, er allein theile und wähle zugleich. Die letztwillige Verfügung jemandes über den Eintritt anderer in sein Eigenthum wird im Altdeutschen mit dem Zeitwort »theilen« bezeichnet. Es liegt darin beides ausgedrückt, die Sonderung des Guts in seinen Bestandtheilen und die Bestimmung der einzelnen Personen, welche dieser und jener zufallen sollen. In der [1146] Regel war den Erben überlassen, nach bestehendem Recht die Sache unter sich selbst zu ordnen. Durch alle deutsche Stämme und durch alle Jahrhunderte hindurch ging aber das Gesetz, wo zwei zu einem Erbe geboren seien, solle der ältere theilen, der jüngere wählen; der ältere die Erbschaftsmasse in zwei Hälften zerlegen und dann der jüngere zuerst sich erklären, welche der beiden Hälften er wolle. Damit wurde sowol der Erstgeburt ein Vorrecht, dem gereiftern Alter ein Uebergewicht der Verständigkeit, als auch dem jüngern sein gutes Anrecht, eine freie Willkür des Thuns und Lassens zugestanden, hier und dort aber dem übergreifenden Eigennutze wirksam vorgebeugt. (Vgl. darüber W. Wackernagel bei Haupt, II, 542 fg.)


*11. Er theilt, wie der Allgäuer die Dampfnudeln.Fischart.

Sodass ihm alles verblieb.


*12. Ich will theilen, ihr sollt wählen.Eiselein, 593.


*13. Sie haben getheilt, wie die Jungen die Eier (Vögel). (Eifel.)


*14. Sie theilen gleich und eben, der eine bekommt's Haar und der andere das Fleisch vom Kalbe.Luther.


*15. Sie theilen sich drein, wie Pfarrers Kühe in die Wicken. (Frankenwald.)


*16. Theilen wie ein Schweinfuss.

Nach der alten Rechtssprache in zwei gleiche Hälften, z.B. den Nachlass. (Vgl. Gierke, Der Humor im deutschen Recht.)


[Zusätze und Ergänzungen]

17. Wir wollen christlich theilen, was du verdienst, sagte Meister Kniff, was du verlierst, darfst du allein tragen.

Böhm.: Mĕjme spolu, co vydĕláš; však škoduj sám, co prodĕláš. (Čelakovsky, 57.)


*18. Sie theilen es mit einander wie die Buben die Vogelnester.Heinmar, I, 172.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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