Fleisch, das

[197] Das Fleisch, des -es, plur. inus. 1. Eigentlich. 1) Alle weiche Theile der thierischen Körper, welche nicht Knochen, Haut oder Knorpel sind. Das Fleisch von vierfüßigen Thieren. Das Fleisch von Fischen. Das Zahnfleisch. In dieser weitern Bedeutung werden die weichern Eingeweide, die Leber, Lunge, Milz, das Herz und die Nieren mit unter das Fleisch gerechnet. Der Nagel ist in das Fleisch gewachsen. Der Finger ist roh Fleisch. Wildes Fleisch in einer Wunde. Vom Fleische fallen, wieder zu Fleische kommen, sind niedrige Ausdrücke, für mager werden, und fleischig werden. 2) In engerm Verstande, der musulöse Theil der thierischen Körper, welcher eigentlich aus dem Bauche der Muskeln bestehet, zum Unterschiede von dem Fette und andern weichen Theilen. Mit Fleisch durchwachsen. Die Karpfen haben ein weiches, die Hechte ein hartes Fleisch. 3) In einem andern engern Verstande bezeichnet Fleisch die weichern eßbaren festen Theile der Vögel und vierfüßigen Thiere, zum Unterschiede von diesen weichern Theilen der Fische und Wasserthiere. In der Fasten ist es nicht erlaubt, Fleisch zu essen. Hühnerfleisch, Gänsefleisch, Kalbfleisch, Lammfleisch u.s.w. Besonders das Fleisch der eßbaren zahmen vierfüßigen Thiere. Frisches Fleisch. Geräuchertes, eingesalzenes Fleisch. Fleisch kochen. Gesottenes, gebratenes Fleisch. Rohes Fleisch. Im weiteren Verstande werden oft alle aus dem geschlachteten zahmen Viehe zubereiteten Waaren der Fleischer, z.B. Würste, Kopf, Geschlinge u.s.f. Fleisch genannt.

2. Figürlich. 1) Die weiche dem Fleische der Thiere ähnliche Substanz mancher Pflanzen und ihrer Früchte. Das Fleisch der Kürbisse, Pfirschen, Aprikosen, Melonen, Pflaumen, Kirschen,[197] Artischocken, Schwämme u.s.f. 2) Die Farbe des durch die Haut durchscheinenden Fleisches. So sagen die Mahler z.B. der Schenkel ist von schönem Fleische, wenn dessen Colorit der natürlichen Farbe dieses Theiles gleicht. 3) Der menschliche Leib, nur noch zuweilen. Ein hären Kleid auf dem bloßen Fleische tragen. In der Deutschen Bibel kommt diese Bedeutung mehrmahls vor. In seiner Hand ist der Geist alles Fleisches eines jeglichen, Hiob 12, 10. Sie werden seyn Ein Fleisch, 1 Mos. 2, 24. Mein Fleisch wird sicher liegen, Ps. 16, 9. Nach dem Fleische nicht da seyn, Col. 2, 5. 4) Der sinnliche Theil des Menschen, sinnliche Begierden, in der biblischen Schreibart. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach, Matth. 26, 41. Besonders so fern diese sinnlichen Begierden verderbt sind, und sich die Herrschaft über die Vernunft anmaßen, die verderbte menschliche Natur. Die Menschen wollen sich meinen Geist nicht mehr strafen lassen, denn sie sind Fleisch, 1 Mos. 6, 3. Nach dem Fleische wandeln, Röm. 8, 1, 4; und so in vielen andern Stellen mehr, wo auch Fleisch und Blut in eben diesem Verstande häufig vorkommt. 5) Das menschliche Geschlecht, und einzelne Menschen; auch nur in der Deutschen Bibel. Alles Fleisch hatte seine Wege verderbt, 1 Mos. 6, 12. Alles Fleisch lobt Gottes Nahmen, Ps. 145, 21. Das Wort ward Fleisch, Joh. 1, 14. 6) Der Leib Christi im Abendmahle. Das Fleisch des Menschensohnes essen, Joh. 6, 53. Das Brot ist mein Fleisch, V. 51. 7) Alle lebendige Geschöpfe; gleichfalls nur in der Deutschen Bibel. Der allem Fleische Speise gibt, Ps. 136, 25. Alles Fleisch ist Heu, Es. 40, 6. Ich will eine Sündfluth kommen lassen -zu verderben alles Fleisch, darin ein lebendiger Odem ist, 1 Mos. 6, 17.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Kero Fleisk, bey Isidors Übersetzer Fleisch, bey dem Notker und Ottfried Fleisc, im Nieders. Fleesk, im Angels. Flaesc, im Schwed. und Dän. Flesk, wo es aber Speck bedeutet, im Engl. Flesh. Ihre leitet es von Fleck, ein abgeschnittenes Stück, her, aber Wachter mit mehrerm Rechte von dem schon bey dem Ulphilas vorhandenen Leik, Fleisch; S. Leiche.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 197-198.
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