Reif (2), der

[1047] 2. Der Reif, des -es, plur. die -e, Diminut. das Reifchen, Oberd. Reiflein, ein Wort, in welchem der Begriff der Ründe der herrschende ist. Es bedeutet, 1) überhaupt, einen jeden Ring oder ringförmigen Körper, in welcher Bedeutung es ehedem sehr üblich war, da denn der Fingerring auch der Fingerreif genannt wurde. Aller Granatäpfel waren hundert, an einem Reife rings umher, Jerem. 52, 23. Jetzt ist es nur noch in einigen einzelnen Fällen gangbar. So wird in der Verzierung der Säulen und anderer Körper ein erhabener halb runder Ring, welcher die Säule, eine Kanone u.s.f. umgibt, der Reif genannt; bey andern heißt er das Städlein. An den Kanonen hat man Mittelreife, Munreife u.s.f. Der Reif an einem Paßglase, ist ein ähnlicher erhabener Ring. Der Stegereif, eine alte Benennung des Steigbügels, vermuthlich weil derselbe ehedem die Gestalt eines Ringes hatte. Bey den Schlössern ist der Reif ein rundes Eisen in dem Eingerichte eines Schlosses, um welches sich der Reif (d.i. der Rand, S. das vorige) des Schlüssels drehet. Pictorius nennt eine Käseform einen Reif, vielleicht auch wegen ihrer Ründe. Wenigstens wird in den Küchen noch ein runder blecherner Rand, die aufgelaufenen Köche damit zu umfassen, wenn sie in dem Ofen gebacken werden sollen, ein Reif genannt. In der Feuerwerkskunst ist der Reif ein Ernstfeuer, welches aus zwey Sturmkränzen in Gestalt einer Kugel zusammen gebunden und unter die Stürmenden geworfen wird. 2) In engerer Bedeutung werden die Ringe, welche die Dauben eines Fasses oder ähnlichen hölzernen Gefäßes zusammen halten, Reife, und zum Unterschiede von den vorigen Arten, Faßreife genannt. Ein hölzerner, ein eiserner Reif. Der Blattreif, Hauptreif, Schraubenreif, Spannreif, Zwingereif u.s.f. Einen Reif um ein Faß legen. Durch einen Reif springen, wie die Gaukler.

Anm. Im Pohln. ist Refa gleichfalls der Fingerring, und im Arab. bedeutet Raeffon einen Bogen, und jede in Gestalt eines Bogens gekrümmte Sache, so wie im Griech. ῥαιβος ein jedes krummes Ding ist. Reif ist in dieser Bedeutung mit dem vorigen ein und eben dasselbe Wort, indem auch hier der Begriff der Bewegung der ursprüngliche ist, nur daß hier zunächst die kreisförmige Bewegung zum Grunde liegt. S. Reiben und Schraube. Die verwandten Rad, Ring, rund, Kreis u.s.f. haben alle einen ähnlichen Ursprung, und bedeuten daher in ihren Verwandten oft[1047] auch so wie 1 Reif einen langen dünnen Körper, wie das Latein. Radius, welches zu Rad, Rota, gehöret, geringe, eigentlich dünn und schmächtig, ein Verwandter von Ring, Reis, Surculus, ein Verwandter von Kreis u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1047-1048.
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