Marcus Antonius

[65] Marcus Antonius, ein berühmter Römer zur Zeit der bürgerlichen Kriege und des Endes der Republik. Er verlor früh seinen Vater, und überließ sich den Ausschweifungen so, daß er sein väterliches Erbtheil durchbrachte, ehe er noch ins männliche Alter trat. Er begab sich zum Cäsar nach Gallien, der ihn unterstützte, und kehrte dann nach Rom zurück, um sich den Weg zu Ehrenstellen zu bahnen. Er that sich in mehrern Feldzügen hervor, und wußte sich sehr in die Gunst der Soldaten zu setzen. Im J 44 n. Chr. G. war er mit Cäsar, auf dessen Partei er war, Consul. Nach Cäsars Ermordung, welche in dem nehmlichen Jahre erfolgte, setzte er das Volk durch eine Rede, die er im Forum hielt, so in Bewegung, daß es in einigen Häusern der Verschwornen Feuer anlegte. Er trachtete nun selbst nach der höchsten Gewalt und nahm die schicklichsten Maßregeln dazu. Die Patrioten, an deren Spitze Cicero (sein unversöhnlichster Feind) stand, stellten ihm Cäsars Neffen und Erben, den Octavius, der nachher unter dem Namen Augustus bekannter wurde, entgegen. Antonius versuchte, dem Brutus und Cassius Macedonien und Syrien zu entreißen; da ihm aber dieses nicht glückte, entschloß er [65] sich, sich des diesseitigen Galliens zu bemächtigen und den Decius Brutus in Mutina zu belagern. Durch diese Belagerung erwarb sich Antonius, ob er gleich geschlagen wurde, ein erstaunliches Ansehen. Er floh auf die Alpen und wurde von Lepidus aufgenommen. Jetzt fing Octavius, welcher den Plan des Senats, ihn und den Antonius durch einander zu schwächen, kennen gelernt hatte, an, mit seinem Gegner zu unterhandeln; und so wurde das (so genannte zweite) Triumvirat, des Antonius, Octavius und Lepidus, errichtet. Diese Triumvirn, welche übereinkamen, alle Provinzen des Reichs fünf Jahre lang unter sich zu theilen, mordeten mehr denn 300 Senatoren und 200 Ritter; auch Cicero fiel als ein Opfer derselben. Jetzt gings wider den Brutus und Cassius, welche von Octavius und Antonius (vorzüglich durch die Bravour des letztern) bei Philippi geschlagen wurden. Antonius ging hierauf nach Asien, wo er den glänzendsten Hof hatte, den man jemahls sah. Zu seinem Unglück lernte jetzt Antonius die Cleopatra, Königin von Egypten, kennen, die ihn aus einer Ausschweifung in die andere stürzte. Er zerfiel mit dem Octavius, machte jedoch wieder mit ihm Frieden und heirathete seine Schwester; allein diese Aussöhnung war von kurzer Dauer. Er floh nach Actium, wo er im J. 31 geschlagen wurde, und Octavius Herr der Welt ward. Cleopatra begleitete ihn; allein sie floh bei der ersten Nachricht von der verlornen Schlacht. Er wurde von seiner Armee verlassen und stieß sich den Degen durch den Leib, in der Meinung, daß Cleopatra schon todt sei; allein er erfuhr das Gegentheil: er ließ sich zu ihr tragen und von ihr in ihr Gruftgebäude ziehen, wo er in ihren Armen starb. Shakespear hat diesen Charakter sowohl in Antonius und Cleopatra als im Julius Cäsar geschildert. Von des Antonius Anrede an das Römische Volk nach Cäsars Tode giebt es ein meisterhaftes Gemählde von West, welches auch in Kupfer gestochen ist.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 65-66.
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