Ägina

[34] Ägīna, jetzt Engia, war eine durch ihre Seemacht und ihre Kunst im Alterthume berühmte griech. Insel im saronischen Meerbusen. Die Zahl ihrer Einwohner belief sich in den blühendsten Zeiten auf 500,000, ist aber jetzt auf 4000 geschmolzen. Die Mythologie läßt unter Äakus, dem Sohne des Zeus und der Nymphe Ägina, die ersten Bewohner der Insel, die Myrmidonen, aus Ameisen entstehen. Schon vor dem Perserkriege, in welchem sich die Ägineten ganz besonders auszeichneten, war Ä. Athens gefährlichste Nebenbuhlerin zur See, doch erst nach demselben begann der eigentliche Kampf zwischen beiden Staaten, welcher sich um die Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. mit der Besiegung Ä.'s endete. Die äginetischen Bildwerke aus griech. Marmor, welche in der neuern Zeit große Berühmtheit erhalten haben und auf das Dasein einer eignen äginetischen Kunstschule schließen lassen, befanden sich am Tempel der Minerva zu Ä., der zu den schönsten Ruinen dorischer Baukunst gehört. Diese Bildwerke wurden 1811 von mehren Deutschen, Dänen und Engländern aufgefunden, vom Könige Ludwig von Baiern noch als Kronprinz 1812 gekauft, nach München gebracht und durch den Bildhauer Thorwaldsen, wo es nöthig war, restaurirt. Sie bilden zwei entsprechende Gruppen und stellen die Minerva vor, wie sie die Kämpfe der äginetischen Helden, Ajax und Telamon, vor Troja leitet; auf der einen Seite den Kampf um des Patroklus, auf der andern um Laomedon's Leichnam, und gehören unstreitig in die Zeit von 550–600 v. Chr. Die Anordnung der Gruppe ist überaus zweckmäßig und der Styl, in dem die Figuren gearbeitet, zeigt die wohlverstandene Nachbildung einer schönen Natur. In den Bewegungen ist viel Leben, die Behandlung geschmackvoll und außerordentlich fleißig, kurz es ist der altgriech. Styl mit einzelnen Sonderbarkeiten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 34.
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