Gütergemeinschaft

[303] Gütergemeinschaft (lat. communio bonorum) ist das zwischen Eheleuten durch Vertrag oder allgemein gültige Gesetze eines Ortes oder Landes stattfindende Verhältniß, nach welchem sie gegenseitig an denjenigen Besitzthümern (Gütern), die ihnen persönlich zugehören, Antheil haben. Das röm. Recht wußte von einer solchen Gütergemeinschaft nichts, indem das Vermögen des Mannes von demjenigen der Frau stets als gesondert betrachtet wurde, obschon während der Ehe dem Manne die Nutznießung des zugebrachten Vermögens der Frau zustand. Es waren sogar Schenkungen der Ehegatten untereinander, sowie Bürgschaften der Frau für den Mann verboten und die Gläubiger des Mannes durften sich nicht aus dem Vermögen der Frau entschädigen. Jedenfalls ging aus der höhern Auffassung der Ehe durch das Christenthum, welches Mann und Weib als zu Einem untrennbaren Ganzen in der Ehe verbunden darstellt, der Begriff der Gütergemeinschaft hervor, obgleich sich dieser wegen des fortwährend in Anwendung kommenden röm. Rechts niemals bei allen christlichen Völkern zum allein und vollständig geltenden Rechtsverhältnisse erheben konnte. Von der Gütergemeinschaft blieben die Lehngüter stets und die Stammgüter in den meisten Fällen ausgeschlossen; bald werden in sie alle ererbten und erworbenen Güter begriffen (allgemeine Gütergemeinschaft), bald nur die während der Ehe erworbenen (partielle, d.h. theilweise Gütergemeinschaft), bald tritt dieselbe unmittelbar mit Schließung der Ehe ein, bald erst nachdem dieselbe Jahr und Tag bestanden hat, bald endlich nur dann, wenn Kinder aus derselben hervorgegangen sind. Mit der Gütergemeinschaft hängt dann auch das gegenseitige Erbrecht der Eheleute zusammen. Die der Gütergemeinschaft entgegenstehende Anordnung der Vermögensangelegenheiten der Eheleute nach dem röm. Recht wird Dotalsystem (von dos, die Mitgift) genannt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 303.
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