Tungusen

[494] Tungūsen (die) sind ein mandschurischer Volksstamm, welcher zum Theil im russ. Sibirien in der weiten Landstrecke zwischen der Lena und dem östl. Ocean, zum Theil in der chines. Mandschurei meist ein Wanderleben führt. Die Tungusen sind regelmäßig gebildet, wohlgewachsen und kräftig, haben schwarzes Haar, ein plattes Gesicht, kleine Nase und kleine Augen, jedoch nicht so merklich wie die Kalmücken. Ihre Wohnungen (Jurten) sind kegelförmig von Filz oder Fellen und Stangen aufgeführt und haben oben eine Öffnung für den Abzug des Rauchs. Nur sehr wenige haben bis jetzt das Christenthum angenommen und sich angesiedelt; die übrigen sind Schamanen. Die unter russ. Botmäßigkeit lebenden werden auf 30,000 geschätzt und je nach den Gegenden, wo sie mit Vorliebe verweilen, sowie von den vorzugsweise von ihnen gehaltenen Hausthieren als Rennthier-, Pferde-, Hunde-, Wald- und Steppentungusen bezeichnet; die an den Flüssen umherziehenden heißen Fischtungusen, und die in der Gegend von Ochozk am Meere wohnenden Lamuten, d.i. Meeramwohner. Bei den Steppentungusen findet man die zahlreichsten Heerden von Rennthieren und Pferden, die Waldtungusen leben vorzüglich von der Jagd. Was sie dabei den Winter über an Pelzwerk zusammenbringen, wird im Frühjahre zur Entrichtung des Tributs an die Russen und zum Tauschhandel verwendet, zu welchem sich die russ. Kaufleute an einigen dazu bestimmten Orten einfinden und die Ankunft der Tungusen erwarten; denn die Letztern in ihren Wohnorten aufzusuchen, ist bei 500 Rubel Strafe verboten. Die chines. Tungusen heißen auch Solon und gelten für die tapfersten Mandschuren, daher sie auch als Grenztruppen benutzt werden. Alle Tungusen haben eine gemeinschaftliche Sprache.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 494.
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