Bäume

[466] Bäume heißen alle Gewächse, die mit einem hoch über die Erde ragenden Stamm, der sich in Aeste und Zweige ausbreitet, [466] versehen sind. Der Strauch hingegen treibt mehrere Stämme aus einer Wurzel, und Aeste und Zweige gleich von unten an, während der Baum solche erst zu Ende seines Stammes hervorbringt, ausgenommen im frühesten Wachsthum, und wenn die Wurzel, nachdem der Stamm abgehauen, von Neuem Stämme treibt. Genauer von einander lassen sich diese beiden Gewächsarten nicht trennen, vielmehr gehen sie oft noch näher in einander über, indem mancher Strauch auf natürlichem Wege und durch Kunst zum Baume wird, wie die hochstämmige Rose, und eben so umgekehrt. Der Stamm nebst seinen Aesten und Zweigen besteht aus drei verschiedenen Lagen: aus Rinde, Holz und Mark. So lange der Baum noch jung und weich, nicht vollkommen ausgebildet ist, dehnt er sich in die Länge und Breite von unten nach oben aus, und fährt damit fort, bis eine völlige Verhärtung oder Verholzung eingetreten ist. Trotz dem hört der Baum dann immer noch nicht auf, an Breite zuzunehmen, was jedoch nicht mehr durch Ausdehnung von innen nach außen, sondern durch Ansetzen äußerer Holzlagen geschieht. Eben so nimmt er auch fortwährend an Höhe und Große der Krone zu, durch das Hinzusetzen neuer Theile. Die Holzlagen bilden sich aus der Rinde, deren faserige, das Holz zunächst umgebende Theile (Bast) sich zu ganz dünnen und feinen Blättchen verdichten, woraus der sogenannte Jahresring entsteht. Die kräftigste Baumvegetation finden wir in den südlichen Gegenden, wo sich schon niedere Pflanzengattungen zur Baumgröße erheben, wie z. B. Farrenkräuter, Gräser (s. Bambusrohr) u. m. a. In den Tropenländern erreichen die meisten Bäume eine ansehnliche Höhe, oft 200 bis 300 Fuß, während unsre höchsten Waldbäume, z. B. die Eiche, deren Leben bis auf 1090 Jahr gehen kann, es nicht über 120 bis 130 Fuß Höhe bringen. Der stärkste Baum, hinsichtlich des Stammes, ist der Affenbrotbaum, dessen Durchmesser zuweilen 25 bis 27 Fuß beträgt, und dessen Alter auf 4000 Jahre geschätzt wird. Mit der Wärme nimmt auch die Baumvegetation ab; in den gemäßigten [467] Zonen finden wir noch die schönsten, dichtesten Wälder, in ganz kalten und rauhen Gegenden nur Fichten und Tannen, (sogenanntes Nadelholz), höchstens noch Birken und Weiden. (Ueber die verschiedenen Baumarten s. d. betreffenden Artikel.) In der Regel theilt man sie in Wald- und Obstbäume, welche beide Gattungen unter dem Ausdrucke Nutzbäume begriffen werden können, da sie beide uns Nutzen gewähren. Der erste, uns zunächst liegende ist der Schatten, den uns nicht allein der Wald, sondern jeder einzelne Baum mit seinen reich belaubten Zweigen gewährt. Dann kommt der prosaischere Nutzen des Brennholzes, der selbst den poetischesten Naturen einleuchtend zu sein pflegt, indem Niemand Zimmerwärme und gekochte Speisen entbehren kann. Daß wir ohne Holz kein Obdach, keine Bequemlichkeit im Innern unserer Häuser haben würden, ist hinlänglich bekannt. Die gemeinsten wie die edelsten Bäume lassen sich kunstreich bearbeiten, und wir sehen die erstern Sorten unter den Händen der Zimmerleute, Böttcher, Wagner und Tischler, während Drechsler, Instrumentmacher u. m. A. den letztern die zierlichsten Formen zu geben verstehen.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 466-468.
Lizenz:
Faksimiles:
466 | 467 | 468
Kategorien: