Eleonore von Toledo

[330] Eleonore von Toledo Unter der Regierung Kaiser Karl's V. herrschte Peter von Toledo als Vicekönig zu Neapel. Eine unruhige Zeit hatte er zu durchkämpfen, Und mitten in dem wilden Sturme, welcher Italien zerriß, ward Eleonore seine Tochter zu Neapel geboren, mitten in diesen Stürmen ward sie erzogen. Früh reiste die bewegte Gegenwart des Kindes heitern Sinn zum jungfräulichen Ernste, und früh hielt der Vater es für nöthig, in einem tapfern kräftigen Mann ihr einen Beschützer zu geben. Seine Wahl fiel auf Cosmo I. von Medicis, einen muthigen, kriegerischen Fürsten, der aus einer Nebenlinie dieses Hauses stammte, und nach Alexander's von Medicis Ermordung im Jahr 1537, kaum 18 Jahre alt, auf den Thron erhoben wurde. Damals als Peter von Toledo ihn seiner blühenden schönen Tochter zum Gemahl bestimmte, besaß er sein Reich schon seit 6 Jahren, und hatte dasselbe gegen die wildesten Anfälle der ihn umringenden Feinde mit Kraft behauptet. Ein seltenes Gluck wollte, daß die Wahl des Vaters auch die der Tochter war. Eleonore hatte den jungen Herrscher in königlichem Glanz gesehen, und ihr Herz an ihn verloren; gern ergab sie sich daher in des Vaters Willen. Cosmo befand sich im Kriege mit den Erbfeinden seines Hauses, mit den Strozzi. – Blutig und fürchterlich waren diese Kampfe, doch Leonore liebte ihren Gatten so herzlich, daß sie denselben keinen Augenblick verließ, sondern im Lager, wie in der Residenz sich stets an seiner Seite befand, ihn in die Schlacht wie zu einem Feste geleitete. Ihr außerordentlicher persönlicher Muth trug viel zur günstigen Entscheidung des Familienzwistes bei, denn sie war es, welche an der Spitze von 15 Reitern, die ihr zur Bedeckung gegeben waren, sich auf den Anführer der Feinde stürzte (ungeachtet er fast die dreifache Zahl tapferer Männer um sich hatte, mit denen er eine Recognoscirung[330] zu unternehmen gedacht), und denselben nach einem mörderischen Gefechte gefangen nahm. Dieser tapfere und ehrbegierige Mann, Philippo Strozzi, vermochte es nicht, den Kummer zu ertragen, den ihm seine Gefangennehmung bereitete. Er wußte, daß Cosmo bisher alle seine Feinde habe hinrichten lassen, und in der Voraussetzung, daß ihm, dem Haupt der Familie, ein Gleiches geschehen müsse, entleibte er sich selbst im Gefängniß. Das traurige Ereigniß hatte zur Folge, daß die edle Eleonore, welcher, wie tapfer sie sich auch gezeigt, doch das Blutvergießen ein Gräuel war, ihrem Gatten das Versprechen abgewann, keinen der ehrlich im Kriege Gefangenen mehr am Leben zu strafen, welches derselbe auch von dieser Stunde an hielt. In dem Kriege zwischen Karl V. und Franz I. zog Cosmo wieder an der Seite der heldenmüthigen Gattin in da: Feld, eroberte Siena für Karl, und ward von diesem mit der Oberherrschaft über die Stadt belohnt, doch suchte er, von Eleonore veranlaßt, welche nicht ohne Stolz war, verschiedene Male bei diesem mächtigen Kaiser vergeblich um den Königstitel an, bis der Papst Pius V. ihn aus einem Herzog in Florenz zum Großherzoge von Toscana machte. Die schöne Herzogin, welche Krieg und Frieden oft genug gelenkt, wußte nun mit gleich sicherer Hand die Wissenschaften und Künste zu pflegen; unter ihrem Schutz blühten dieselben herrlich auf, und Florenz erreichte einen Glanz, wie derselbe noch nie über diese Stadt gestrahlt. Doch nicht allein hierin suchte die edle Fürstin ihren Ruhm, sondern auch im Wohlthun fand sie denselben, und war so ein Engel der Milde ihren Unterthanen, wie eine strahlende Göttin des Ueberflusses allen Malern, Dichtern und den Künstlern überhaupt.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 330-331.
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