Joseph, Sohn Jakob's

[454] Joseph, Sohn Jakob's, der zehnte unter den Söhnen Jakob's, von Rahel geboren, durch sein wunderbares Schicksal, seine Schönheit, wie durch seinen edlen, sanftmüthigen und tugendhaften Charakter gleich[454] ausgezeichnet merkwürdig. Schon als Knabe war er der Liebling seines Vaters und deßhalb von seinen Brüdern beneidet. Um den Bevorzugten los zu werden, beschlossen sie, ihn zu tödten und zu diesem Endzwecke in eine Wassergrube zu werfen. Da aber eben midianitische Kaufleute vorüberzogen, verkauften sie ihn als Sklaven und erzählten dem Vater, er sei von wilden Thieren zerrissen worden. Joseph wurde in Aegypten wegen seiner Schönheit und jugendlichen Kraft von Potiphar, dem Kämmerer des Pharao, gekauft, und erhielt das Vertrauen seines Herrn in so hohem Grade, daß er ihm bald die Aufsicht über sein ganzes Haus anvertraute. Inzwischen stand ihm hier die härteste Prüfung bevor. Potiphar's Frau, von einer sündigen Leidenschaft für den Jüngling ergriffen, suchte vergebens ihn durch ihre Reize zu fesseln. Joseph widerstand der Verführung, reizte aber dadurch das liebende Weib zum glühendsten Hasse. Sie klagte ihn an, ihre Ehre gefährdet zu haben. J. wurde zum Tode verurtheilt, zwar begnadigt, aber doch eingekerkert. Aber auch hier ward seine Unschuld erkannt und er durch sein untadelhaftes Betragen zum Aufseher über die Gefangenen ernannt. Durch die Auslegung des bekannten Traumes von Pharao erwarb sich Joseph die Freiheit und stieg bei diesem Fürsten bald in so hohe Gunst, daß ihn derselbe nicht nur zum Statthalter ernannte, sondern ihm auch eine Tochter des höchsten seiner Priester zur Gemahlin gab. Durch diese günstige Veränderung seines Schicksals war er im Stande, seine Brüder, deren Wiedererkennung und Wiederaufnahme zu den rührendsten Scenen in der hebräischen Geschichte gehört, und seinen alten Vater, den er mit seinem ganzen Hause aus Kanaan nach dem weidenreichen Lande Gosen brachte, so wie ganz Aegypten vor Mangel und Hungersnoth zu sichern.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 454-455.
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