Katharina I., Kaiserin von Rußland

[98] Katharina I., Kaiserin von Rußland, Kaiserin von Rußland. Es war am 20. August 1702, als die Russen unter dem General Tscheremetos die Stadt Marienburg erstürmten, alle Einwohner wurden gefangen genommen und unter ihnen eine junge Waise, deren Herkunft und Namen unbekannt war und deren Erziehung ein lutherischer Geistlicher[98] aus Mitleid übernommen hatte. Ihre Schönheit begründete ihr Glück, der General schenkte sie dem Fürsten Menzikoff, dem mächtigen Günstling Peter's I. Bei diesem sah sie der Kaiser, faßte eine Neigung für sie und sorgte für ihre Bildung. Katharina, wie sie der Kaiser genannt hatte, wußte denselben bald näher an sich zu fesseln, gebar ihm zwei Töchter, Anna 1708, und Elisabeth 1709, wurde 2 Jahre darauf seine Gattin und begleitete ihn auf dem Feldzug gegen die Türken. Hier bewies sie einen seltenen Muth mit männlicher Ausdauer und natürlicher Klugheit; diese letztere war es, die Peter d. Großen am Pruth aus den Händen der Türken rettete, von denen er eingeschlossen war. Um ihr dafür den glänzendsten Beweis von seiner und Rußlands Dankbarkeit zu geben, stiftete er nicht nur den nach ihr benannten Damenorden (s. Katharinenorden), sondern er ließ sie sogar 1724, als ihn die Krankheit befiel, die ein Jahr darauf seinen Tod herbeiführte, zur Kaiserin krönen. Peter erlitt vor seiner Auflösung die schrecklichsten Schmerzen, und war selbst nicht im Stande, durch einen öffentlichen Act oder ein vollgiltiges Dokument die Thronfolge zu bestimmen, doch beschwor nach seinem Tode der Patriarch vor dem versammelten Volke, Peter habe auf dem Todtenbette Katharinen das Zeugniß gegeben, nur sie sei würdig, nach seinem Tode die Krone zu tragen. Menzikoff fand es gleichfalls in seinem Interesse, Katharina auf dem Thron zu sehen, und so wurde ihr den 8. Febr. 1725 als Kaiserin gehuldigt. Menzikoff behielt seinen Einfluß und Katharina blieb im Fache der höhern Politik ziemlich unthätig, doch kann man ihr Wirken für Volkswohl, ihr Streben für Künste und Wissenschaften im Ganzen ein heilbringendes nennen. Sie war eine treue Gattin; denn der Verdacht eines nähern Umganges mit dem Kammerherrn Mons, den Peter in ihrem Beisein hinrichten ließ, ist nie begründet worden. Mit Sanftmuth und Milde begegnete sie Peter's wilden Launen, zügelte seinen Jähzorn, seine Neigung zur Grausamkeit. Ihrer Herkunft schämte sie sich nie und[99] überhob sich nie in den Tagen ihres Glanzes. Von dem Uebermuthe der Emporkömmlinge war sie weit entfernt, eben so wie von Haß und Rachsucht. Sie unterlag einem plötzlichen Krankheitsanfalle im 38. Jahre ihres Lebens den 27. Mai 1727. – Eine Episode ihres Schicksals hat Kratter unter dem Titel: »das Mädchen von Marienburg,« für die Bühne bearbeitet.

T.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 98-100.
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