Passionsblume

[116] Passionsblume (passiflora), verdankt ihren Namen einem religiösen Aberglauben der Vorzeit. Fromme Gemüther wollten nämlich auf den Blumenblättern mehrerer Gattungen dieses Gewächses die Werkzeuge der Kreuzigung Christi, z. B. die Dornenkrone, die Nägel, den Speer etc., erkennen. Fast alle Gattungen der P. stammen aus Amerika. Die vornehmsten sind: Die gemeine, oder blaue P. (passiflora caerulea), in den deutschen Gärten die gewöhnlichste. Sie stammt aus Brasilien, wo sie als Schlingpflanze oder Liane in den Wäldern wächst und stark wuchert. Eine perennirende Pflanze mit langen Blüthenstielen, auf denen einzelne [116] Blumen aus den Winkeln der Blätter zum Vorschein kommen. Diese sind groß, Kelch sowohl, als Krone, an der obern Seite weißlich mit Blau vermischt, das Honigbehältniß kreuzförmig mit Strahlen, die an der Spitze violett, in der Mitte weiß und am Ende purpurroth sind. Ihre Blüthe ist sehr kurz, dauert vom Morgen bis Sonnenuntergang. In unserm Klima setzen die Passionsblumen selten Früchte an, und wenn es geschieht, werden sie nicht reif. In der Heimath aber bringen sie eine sehr wohlschmeckende, von den Franzosen Lianenäpfel genannte Frucht, von der Größe einer Pflaume oder eines kleinen Apfels. Die fleischfarbige P. (pass. incarnata), in Virginien, Brasilien und Peru, von Eingeborenen und Fremden mit dem größten Appetit gegessen, war die erste, welche nach Europa kam. Ihr folgten mehrere andere Arten, als pass. sesportillo. fledermausartige P., welche während der Nacht blüht und am Tage verwelkt. Die glockenförmige P. (pass. murusuja), auf Haiti, mit purpurrother Blume. Die bleiche P. (pass. pallida), deren citronengelbe, süße Frucht die Größe eines Hühnereies erreicht. Die lorbeerblätterige P. (pass. laurifolia), in Surinam; die lindenblätterige P. (pass. tiliafolia), ein windendes Gewächs in den Wäldern von Peru, mit vortrefflich schmeckender, den Kranken sehr heilsamer Frucht. Die äpfeltragende P. (pass. maliformis), auf Haiti, Martinique und Jamaica, mit großer apfelähnlicher Frucht; die viereckige P. (pass. quadrangularis), die sich an dünnen Baumstämmen hinaufwindet, mit schöner, wohlriechender Blüthe und süßsäuerlicher Frucht. Die schönste von Allen ist aber unstreitig passiflora Kermesina, deren glühend rothe Farbe und lange Staubfäden ihr ein wundervolles Ansehen geben. Blumensprache: hohe Frömmigkeit.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 116-117.
Lizenz:
Faksimiles:
116 | 117
Kategorien: