Velde, Franz Karl van der

[306] Velde, Franz Karl van der. Im Angesicht alter bewaldeter Höhen, umgeben von gebrechlichen Häusern, lebte dieser ausgezeichnete deutsche Erzähler in dem schlesischen Städtlein Zobten ein ziemlich armseliges, bedrücktes Leben als Stadtrichter. Hier entstanden seine besten Werke; hier erblühte sein Dichterruhm, welchen geflügelt die Abendzeitung in alle Villen und Salons trug, während er selbst unscheinbar und gering am Zobtenberg lustwandelte voll banger Sorgen für seine Familie. Diese Kleinheit des Geschicks verließ ihn selbst nicht bei seinem Tode (6. April 1824), denn eben als er einen Löffel seiner Alltagssuppe schöpfen wollte, rührte ihn der Schlag. – Geb. zu Breslau 1779, studirte v. d. V. von 1797 an zu Frankfurt an d. O. die Rechte. Dann bekleidete er mehrere juristische Posten zu Breslau, Winzig etc. In Zobten ist sein Grab. Nachdem er früher mehrmals für das Theater geschrieven (z. B. »die böhmischen Amazonen«), jedoch mit weniger Glück, trat er später als Erzähler auf, und erwarb sich als solcher einen durch Intelligenz ausgezeichneten und überaus starken Leserkreis. Zuerst erschien eine Sammlung Erzählungen von ihm unter dem Titel: »Erzstufen« (3 Thle), dann die Erzählungen: »Prinz Friedrich,« »die Eroberung von Mexico,« »der Malteser,« »die Lichtensteiner,« »die Wiedertäufer,« »die Patrizier,« »Arwed Gyllenstierna,« »Guido,« »das Liebhabertheater,« »der böhmische Mägdekrieg,« »das Horoskop,« »Christine und ihr Hof« und »die Gesandtschaftsreise nach China.« – Jetzt fragt die gebildete Welt weniger nach seinen Werken. Wohl hat V. Aehnlichkeit mit Walter Scott; doch während dieser das Leben in Kraft und Saft in sich aufnimmt, beschränkt sich jener auf Mosaikbilder, die oft sehr mangelhaft und aus schlechten und unzureichenden Quellen zusammengetragen sind. Doch wird er immer mit Recht zu den besten Romanschriftstellern Deutschlands gezählt werden. – Seine sämmtlichen Werke sind, von Theodor Hell und Böttiger besorgt, Dresden bei Arnold, in 25 Bden, erschienen.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 306-307.
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