Präformation

[132] Präformation: Vorausbildung, Vorgestaltung von physischen Organen oder von psychischen Gebilden. Im 17. Jahrhundert lehren LEEUWENHOEK, SVAMMERDAM, MALPIGHI die Vorausbildung sämtlicher Teile des Organismus, nur verkleinert, im Ei (»Ovulisten«) oder Samen (»Animalculisten«), »Einschachtelungstheorie«, während im 18. Jahrhundert FR. WOLF (Theor. generat. 1759) die Theorie der »Epigenese« aufstellt, wonach die Organisation aus bloßen Anlagen durch Neubildung entsteht. Die Ansicht der Präformation hat LEIBNIZ (Theod. I. Vorw. § 28. vgl. Evolution), auch BONNET (Considérat. sur les corps organ. 1762). GOETHE nimmt eine »Prädelineation« oder »Prädetermination« an, eine stufenweise stattfindende Erzeugung neuer Organe aus vorhandenen. Gegenwärtig wird versucht, die Gegensätze der Präformations- und Epigenese-Theorie zu überwinden. – KANT stellt dem »Präformationssystem der reinen Vernunft« das »System der Epigenesis der reinen Vernunft« gegenüber, wonach »die Kategorien von seiten des Verstandes die Gründe der Möglichkeit aller Erfahrung überhaupt enthalten« (Krit. d. r. Vern. S. 682). Bezüglich der Organismen ist der Epigenesis – Lehre (System der generischen im Gegensatz zu dem der individuellen Präformation) Recht zu gehen (Krit. d. Urt. § 81). – Nach BENEKE sind die Erkenntnisfunctionen in der Seele nicht präformiert, wohl aber prädeterminiert, so auch die Formen des [132] Sittlichen und Ästhetischen (Lehrb. d. Psychol. § 10. Log. II, 271). Vgl. Anlagen.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 132-133.
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