Papier

[756] Papier. Der Ursprung dieses Schreibstoffes ist dunkel. Die Bereitung von Papier aus Baumwolle soll bei Chinesen aus uralter Zeit üblich und bei der Eroberung von Samarkand um 704 den Arabern bekannt geworden sein, welche in Damaskus die Fabrikation lebhaft betrieben; durch die Araber kam die Kunst zu den Griechen, welche im 10. Jahrhundert auf Papier geschrieben und im 13. den Gebrauch des Pergamentes überholt haben sollen. Den Namen bekam der neue Schreibstoff vom ältern Nilpapier, charta und papyrus, auch charta bombycina. Ursprünglich soll die rohe Baumwolle zur Papierbereitung verwendet worden sein, Lumpenpapier wird zuerst im 12. Jahrhundert erwähnt; da in den Lumpen sicher auch oft, ja oft vorherrschend linnene Lumpen waren, so veränderte sich damit von selber das Material des Papiers; doch ist möglich, dass schon die alten Ägypter auch Linnenpapier bereiteten. Von den. Arabern lernten die Spanier und Italiener die Papierfabrikation. Von Venedig und Mailand wurde anfangs Süddeutschland, von Frankreich und Burgund das westliche und nördliche Deutschland mit Papier versorgt. Die ersten deutschen Fabriken befanden sich zwischen Köln und Mainz, um 1320 bei Mainz. In Nürnberg, welches mit Venedig in lebhaftem Handelsverkehr stand, errichtete Ulman Stromer 1390 eine Papiermühle mit Benutzung von Wasserkraft, wozu er sich italienische Arbeiter verschaffte. In Ravensburg wurde 1407 ein Papirhûs erbaut, aus welchem das Papier mit dem Ochsenkopf (derselbe wird als Zeichen des heiligen Lukas, des Patrons der Malergilden, erklärt) hervorging, so man gar gern in den kanzleien nutzt. Während man jedoch feinere Papiere noch lange aus Italien bezog, hatte die grosse Ravensburger Handelsgesellschaft umgekehrt im 15. Jahrhundert ihre Häuser in Valencia, Alicante und Zaragoza. Eine Basler Fabrik liess 1470 zur Vervollkommnung der Papierbereitung spanische Arbeiter aus Galicien kommen. Von den Arabern wurde auch das Wort razmah = Bündel, mit dem Papier übernommen, span. resma, ital. risma, franz. rame, engl, ream, deutsch ries, riesz = 20 Buch zu 25 Bogen.

Das älteste sichere Beispiel einer Urkunde auf Baumwollenpapier ist eine Urkunde des Königs Roger von Sicilien vom Jahr 1102, das älteste bekannte kaiserliche Schreiben auf diesem Stoffe ist von Friedrich II. 1228 aus Barletta an ein Nonnenkloster in Steiermark gerichtet und noch in Wien vorhanden; doch verbot derselbe Kaiser 1231 die Anwendung des Papiers zu Urkunden, weil es zu vergänglich sei. Italienische Notare mussten noch in späterer Zeit bei ihrem Amtsantritte versprechen, kein Papier zu Urkunden zu verwenden; doch gebrauchte man es zu Protokoll-, Konzeptbüchern, Registern u. dgl, Wattenbach, Schriftwesen im Mittelalter.[756]

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 756-757.
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