Geschäftsbücher [1]

[411] Geschäftsbücher. Dauerhaftigkeit und Handlichkeit dieser Bücher erfordern eine besondere Fertigkeit des Papiers, exakte Liniatur, gutes Aufschlagen und Widerstandsfähigkeit der Decke und des Buchkörpers gegen äußere Einflüsse.

Aus praktischen Gründen hat man sich über gewisse Formate geeinigt, die unter folgenden Benennungen fast überall eingeführt sind: Schmalfolio 331/2 × 14, Propatria-Folio 331/2 × 20, Propatria-Langfolio 411/2 × 17, Propatria-Halbfolio 331/2 × 10, Einhorn-Folio 33 × 231/2, Einhorn-Langfolio 47 × 19, Kleinmedian 401/2 × 26, Großmedian 441/2 × 283/4, Royal 461/2 × 301/2, Superroyal 481/2 × 351/4, Imperial 551/2 × 39 cm.

Das Liniieren der meist in roter und blauer Anilin- oder Karmintinte gezogenen Längs- und Querlinien geschieht auf der Liniiermaschine (s. Fig. 1). Der eingelegte Bogen gleitet unter einer mit Federn oder Rollen aus Messing besetzten Querleiste hindurch, die mittels Mechanik beliebig gehoben und gesenkt werden kann. Um das Trocknen der wasserlöslichen, durch Flanellstreifen den Federn und Rollen zugeführten Farben zu bewirken, wird der Bogen durch Lauftücher und Schnüre mehrmals innerhalb der Maschine hin und her geführt und schließlich am hinteren Ende aufgeschichtet, um dann noch mehrmals die Maschine zu passieren, da stets nur eine Richtung auf einer Blattseite mit einmaligem Durchlaufen hergestellt wird; das Eindrucken von Kolumnenköpfen wird ebenfalls separat bewirkt.

Nach sorgfältigem Falzen und Zusammenstecken, eventuell Einkleben von Schirtingfälzen in die ersten und letzten Lagen jedes Buches, gelangt dasselbe zum Heften mittels Hand oder Maschine (s. Buchbinderei). Leimen und Beschneiden weicht meist wenig von dem gewöhnlichen Verfahren ab; der Schwerpunkt liegt in der Anfertigung des Sprungrückens. Dieser besteht aus einer Anzahl dünner Pappstreifen, die entweder fest aufeinander geleimt (kaschierter Rücken) oder nur an den Rändern zusammengeklebt (losschichtiger Rücken), mittels der Buchrückenrundemaschine (vgl. die D.R. P. Nr. 59470, 62713, 63096) in eine überhalbrunde Form gebracht worden sind (s. Fig. 2). Die fertig zugeschnittenen und geklebten Rücken werden auf einem Metalltuch gegen die Form geschoben und zwischen ein geheiztes Rohr und das Tuch gezwängt, wodurch eine elastische, federnde Zweidrittelsröhre entsteht, die mittels eines Stoffstreifens über den Rücken auf dem am Vorsatz befestigten schwachen Deckel angeleimt wird. In einiger Entfernung vom Rückenfalz wird nun erst der eigentliche starke Deckel aufgeklebt, der nach dem Antrocknen in der Presse vermittelst Messer oder Formiermaschine auf eine bestimmte Kantengröße zugeschnitten wird. Beim Ueberziehen, zu welchem Segeltuch, Leinen und Moleskin, vor allem aber die stärksten und haltbarsten Ledersorten Verwendung finden, wird die zwischen Rückenkante und Absatzdecken entstehende Rinne durch Einlegen eines entsprechend starken Pappstreifens, einer Holzleiste oder eines Tauendes niedergepreßt, um so dem beim Oeffnen des Buches seitwärts drängenden Sprungrücken Spielraum zu gewähren. Die Federkraft desselben bewirkt dann, daß das Buch aus der Rückenrundung heraus»springt« und, vollständig flach aufliegend, bis zum Rückenbruch beschrieben werden kann. Ebenso erfolgt beim Schließen des Buches vermöge des Seitendruckes ein Zurückschnellen in die ursprüngliche Lage (s. Fig. 2). Vor dem Ueberziehen pflegt man durch Ausschneiden der oberen Papplagen auf Rücken und Decke eine vertiefte Lage der Titelschilder zu ermöglichen; auch werden in der Regel die Ecken leicht gerundet sowie der Rücken durch aufgelegte Pappleisten oder reichen Blind- und Golddruck, angesetzte Lederteile, angeschlagene Metallbeschläge oder eingezogene Leder- oder Pergamentstreifen verziert. Nach Fertigstellung erfolgt meist erst das Paginieren oder Foliieren der Blätter auf der speziell dazu gebauten Paginiermaschine oder Handapparat (s. Numeriermaschine) sowie das Einschneiden des Registers.


Literatur: Adam, Lehr- und Handbuch der Buchbinderei, Dresden 1885, S. 299 u. f.[411] Leos Buchbinderkalender; letzter Katalog der Firma W. Leos Nachf., Stuttgart 1906; Allgemeiner Anzeiger für Buchbinderei, Stuttgart 1894, S. 75; 1891, S. 193; 1903, S. 43.

Saalfeld.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 411-412.
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