Kräftepaar

[643] Kräftepaar ist die Verbindung zweier entgegengesetzt gleichen Parallelkräfte. Die beiden Kräfte heißen die Seitenkräfte, der Abstand ihrer Richtungslinien der Arm des Paares.[643]

Die durch die Wirkungslinien gelegte Ebene heißt die Ebene des Kräftepaares, das Produkt Pp aus der Größe P einer der beiden gleichgroßen Kräfte in dem Abstand p ihrer Wirkungslinien heißt das Moment des Kräftepaares. Jedem Kräftepaar gehört noch ein Drehsinn zu, der verschieden ist, je nachdem man die Ebene des Paares von der einen oder andern Seite betrachtet. Die genannten Kennzeichen des Kräftepaares können durch eine gerichtete Größe (Vektor) das Achsenmoment des Paares dargestellt werden. Sie steht senkrecht auf der Ebene des Paares, ihre Länge ist gleich dem Moment des Paares und ihre Richtung weist nach jener Seite, von wo aus gesehen der Drehsinn des Paares dem Uhrzeigersinn entgegengesetzt erscheint.

Kräftepaare mit gleichem Achsenmoment sind einander äquivalent in bezug auf die Zusammensetzung von Kräften am starren Körper (s. Aequivalenz der Kräfte). Die Zusammensetzung der Kräftepaare erfolgt durch geometrische Addition der zugehörigen Achsenmomente.


Literatur: Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte, 2. Aufl., Leipzig 1879–80, Bd. 1, S. 20–29; Bd. 2, S. 361–365.

Finsterwalder.

In der graphischen Statik wird ein Kräftepaar häufig als eine unendlich kleine, in der unendlich fernen Geraden der Kraftebene liegende Kraft angesehen. Setzt man nämlich zwei parallele, gleich große, aber entgegengesetzt gerichtete Kräfte P1 und P2 auf üblichem Wege mittels eines Kräfte- und eines Seilpolygons (s.d.) zusammen, so geht die Mittelkraft einmal durch den Schnittpunkt der beiden gegebenen Kräfte, sodann aber auch (vgl. Parallelkräfte) durch den Schnittpunkt der äußersten Seilseiten A B und C D, also durch zwei unendlich ferne Punkte; mit andern Worten, sie liegt in der unendlich fernen Geraden. Aus dieser Betrachtung ergeben sich leicht folgende, auf Kräftepaare bezügliche Sätze: Die Mittelkraft einer Anzahl Kräftepaare ist wieder ein Kräftepaar. Kräftepaare in einer und derselben Ebene unterscheiden sich nur durch ihre Größe, d.h. durch ihr statisches Moment voneinander. Setzt man eine Kraft mit einem Kräftepaar zusammen, so wird sie parallel zu sich selbst verschoben; die Verschiebung ist gleich dem Momente des Kräftepaares, geteilt durch die Kraft. Eine Kraft läßt sich stets in eine gleichgroße, parallel gelegene Kraft und ein Kräftepaar zerlegen. Ein Kräftepaar kann aus einer Ebene in eine parallele Ebene verlegt werden, ohne daß seine Bedeutung und Wirkung sich ändert.


Literatur: Culmann, Die graphische Statik, Zürich 1866, 2. Aufl. 1875.

Mörsch.

Kräftepaar
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 643-644.
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