Natriumsulfat [1]

[587] Natriumsulfat (neutrales oder normales Natriumsulfat, schwefelsaures Natrium, Natrium sulfuricum, kurzweg auch Sulfat) Na2SO4, als wasserfreies Salz sowie mit 1, mit 7 und mit 10 Mol. Kristallwasser bekannt, von welchen das Salz Na2SO4 + 10H2O, Glaubersalz (s.d.), Sal mirabile Glauberi, das gewöhnlichste ist.

Das wasserfreie Salz kristallisiert in Oktaedern, hat einen bitteren und salzigen Geschmack, schmilzt bei 865°, verflüchtigt sich bei Weißglühhitze und ist etwas hygroskopisch. Es entsteht, wenn man eine gesättigte Glaubersalzlösung bei 33–40° kristallisieren läßt. Eine stark alkalische Lösung von Glaubersalz liefert schon bei gewöhnlicher Temperatur das wasserfreie Salz. Schließlich scheidet Glaubersalz, welches bei 40–50° im Wasserdampf geschmolzen wird, auf Zusatz von Magnesiumsulfat oder Kochsalz oder beiden das wasserfreie Natriumsulfat ab. Das Glaubersalz Na2SO4 + 10H2O kristallisiert unter den gewöhnlichen Verhältnissen aus der wässerigen Lösung in großen, farblosen, monoklinen Prismen, welche an der Luft verwittern und in ein weißes Pulver zerfallen. Beim Erhitzen auf 33° schmilzt das Salz in seinem Kristallwasser, verliert bei weiterem Erhitzen allmählich alles Wasser, wird dann fest und schmilzt erst wieder in der Rotglut. 100 Teile Wasser lösen


bei18°25°30°33°
1248100200327 Teile Na2SO4 + 10H2O.

Hiermit ist die größte Löslichkeit erreicht, mit zunehmender Temperatur nimmt sie ab, bei 50° lösen 100 Teile Wasser nur 263, bei 100° 238 Teile Salz.

Dieses von der Regel abweichende Verhalten wird dadurch erklärt, daß das Salz Na2SO4 + 10H2O über 33° selbst bei Gegenwart von Wasser sein Kristallwasser mit steigender Temperatur allmählich abgibt und jenseits 33° das Salz Na2SO4 + H2O in Lösung geht, welches in Wasser weniger löslich ist. Sehr auffällig tritt bei Glaubersalz die Neigung zur Bildung von übersättigten Lösungen hervor.

Das Natriumsulfat kommt wasserfrei in der Natur als Thénardit (Spanien), ferner in den Doppelsalzen Glauberit CaSO4 · Na2SO4, Astrakanit oder Blödit Na2SO4, CaSO4 · 4H2O vor und ist in den meisten natürlichen Wässern, Salzseen, Mineralwässern, Salzsolen enthalten. Das Natriumsulfat wird in größten Mengen als Zwischenprodukt bei der Umwandlung von Chlornatrium in Soda nach dem Leblanc-Prozeß gewonnen. Chlornatrium wird in flachen eisernen Schalen oder in Bleipfannen mit Schwefelsäure bei mäßiger Temperatur erhitzt. Hierbei bildet sich nach NaCl + H2SO4 = HCl + NaHSO4 primäres Natriumsulfat neben Chlorwasserstoffgas, welches in Wasser aufgefangen wird. Bei stärkerer Erhitzung wirkt NaHSO4 auf ein zweites Molekül NaCl ein nach NaCl + NaHSO4 = HCl + Na2SO4 unter abermaliger Entstehung von Salzsäuregas und unter Bildung von Natriumsulfat. Dieser zweite Prozeß erfolgt entweder in Flammöfen, in welchen die Flamme einer Koksfeuerung direkt über das Salzgemisch streicht, oder in Muffelöfen, wobei das Salzgemisch in einem oben und unten von der Feuerung bestrichenen Gewölbe erhitzt wird, ohne mit der Flamme in Berührung zu kommen. Statt mit Schwefelsäure kann das Kochsalz auch direkt mit dem sauern Natriumsulfat erhitzt werden, das als Nebenprodukt bei der Salpetersäurefabrikation abfällt. Auch durch Erhitzen von Kochsalz in einem Strom von Schwefeldioxyd, Luft und Wasserdampf, nach dem Verfahren von Hargreaves und Robinson, wobei das Schwefeldioxyd durch Rösten von Schwefelkies erhalten wird, wird Natriumsulfat gewonnen:

2NaCl + SO2 + O + H2O = Na2SO4 + 2HCl

Das in allen Fällen entstehende Salzsäuregas läßt man in einer Reihe von Tongefäßen durch entgegenfließendes Wasser absorbieren. In Staßfurt, wo große Mengen von Magnesiumsulfat (Kieserit) vorkommen, wird das Natriumsulfat durch Umsetzen von Chlornatrium mit Magnesiumsulfat in der Winterkälte erhalten: 2NaCl + MgSO4 = MgCl2 + Na2SO4. Bei 3° kristallisiert Glaubersalz aus, während Chlormagnesium in Lösung bleibt. Schließlich fällt es als Nebenprodukt ab bei der Gewinnung von Chlornatrium aus Meerwasser und Salzsole.

Das Natriumsulfat findet seine Hauptverwendung zur Darstellung von Soda nach dem Leblanc-Prozeß. In bedeutenden Mengen wird es bei der Glasfabrikation verbraucht, ferner bei der Darstellung von Ultramarin und vieler organischen Farbstoffe. Schließlich ist es als abführendes Mittel offizinell.


Literatur: [1] Dammer, Handbuch der anorganischen Chemie, Stuttgart 1894, Bd. 2, 2. Teil, S. 154 ff.

(W. Kerp) Rathgen.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 587.
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