Ultramarinblau

[706] Ultramarinblau, lebhafte blaue Färbe, in Oel, Wasser und auch in Verbindung mit Kalk anwendbar, wird durch Gase nicht geschwärzt, jedoch von ganz schwachen Säuren unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff zersetzt.

Seine Widerstandsfähigkeit gegen Alkalien gewährt ihm einen nicht zu unterschätzenden Vorzug vor andern blauen Farben. Die groben Ultramarine sind immer dunkler als die seinen und werden vielfach mit Gips, Schwerspat u.s.w. vermischt. Der Wert zweier verschiedener Sorten kann nur vergleichend festgestellt werden, nachdem beide auf einer Glasscheibe zerrieben sind. Haben sie dann noch gleiche Farbe, so kann ein weiterer Unterschied hervortreten beim Zerreiben mit gleichen Mengen, z.B. 20% Gips. Die Sorte, welche mehr Gipszusatz verträgt, um die gleiche tiefe Farbe zu bilden, ist die bessere. – Ultramarinblau ist dermalen großen Verfälschungen mit durch Alkaliblau gefärbtem Gips und Ton ausgesetzt, die sich durch Behandeln mit Alkohol nachweisen lassen. Die chemische Konstitution des Ultramarins, das früher durch ein mechanisches Verfahren aus dem Lasursteine gewonnen wurde (natürliches Ultramarin), ist noch nicht genau ermittelt; man nimmt aber an, daß es ein Tonerdesilikat ist, in dem ein Teil des Sauerstoffes durch Schwefel vertreten wird. Es wird im großen hergestellt, indem man Kaolin mit Glaubersalz oder Soda und Schwefel, Kohle und Kieselerde sowie Pech oder Harz zerkleinert, vermischt, die Mischung mahlt, dann in besonderen Gefäßen glüht, wodurch man den sogenannten Rohbrand erhält; dieser wird zerkleinert, geröstet, geschönt, ausgewaschen, naßgemahlen, geschlämmt, gepreßt, getrocknet und gesiebt. In der Fabrikation unterscheidet man drei Arten Ultramarin: 1. Glaubersalzultramarin, hell, wenig deckend, durch Alaunlösung am leichtesten zu zersetzen, Nuance ins Grünliche gehend; 2. Sodaultramarin mit wenig Schwefel, gibt dunkle Sorten, deckt besser, die Zersetzung durch Alaunlösung geht weniger schnell vor sich, Nuance rein blau; 3. Sulfatultramarin mit viel Schwefel und Kieselsäure, gibt die dunkelsten Farben, deckt am besten, ist leicht und für Papierfabrikation allein geeignet, Nuance violettblau. – Das Hauptgewicht in der Fabrikation ist auf richtige Zusammensetzung der Mischungen und auf das zweckentsprechende Brennen zu legen. Zum Brennen dienen teils Häfen, teils Backöfen, Schachtöfen oder Muffelöfen und resultiert nach der erforderlichen Zeitdauer eine grüne, feste Masse (Ultramaringrün) aus den sub 1 und 2 genannten, aus der alaunhaltigen Soda- und Kaolinmischung jedoch direkt sogenannter Blaubrand. Der Grünbrand wird nun zerkleinert, eventuell ausgewaschen, in Muffeln gebracht, Schwefel eingeworfen und ungefähr 7 Stunden geröstet, worauf die Muffeln gedichtet werden. Der Röstprozeß dauert etwa 4–5 Tage. Die weiteren Prozesse beziehen sich auf das Auswaschen, Verfeinern und Trocknen des fertigen Produktes. Näheres über die Verwendung u.s.w. in [1]–[4].


Literatur: [1] Hoffmann, Die Entwicklung der Ultramarinfabrikation, Braunschweig 1875. – [2] Fürstenau, Das Ultramarin, Wien 1880. – [3] Gentele, Lehrbuch der Farbenfabrikation, 2. Aufl., Braunschweig 1880. – [4] Bersch, Fabrikation der Mineral- und Lackfarben, 2. Aufl., Wien 1894; Hoffmann, R., Ueber das Ultramarin, Braunschweig 1902.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 706.
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