Lackfarben

[26] Lackfarben, Farblacke, auch einfach Lacke, Verbindungen organischer Farbstoffe (Farbholzabkochungen, Teerfarbstoffe, Kochenille u.s.w.) mit basischen Salzen oder Erden, oder schweren Metalloxyden mit ausgedehnter Anwendung in der Malerei, den graphischen Gewerben, der Anstreicherei oder Lackiererei.

Sie sind alle Lasurfarben und werden häufig nur benutzt, um Deckfarben durch Uebermalen, Ueberdrucken größeren Glanz zu verleihen. Ihre Herstellung geschieht im allgemeinen in der Weise, daß man filtrierte Abkochungen von Farbstoff liefernden Substanzen (Rotholz, Gelbholz, Krapp, Indigokarmin, Kochenille u.s.w.) oder wässerige Lösungen von möglichst lichtbeständigen Teerfarbstoffen mit. Lösungen von gewöhnlichem basischen Alaun mischt, mit kaustischen oder kohlensauern Alkalien versetzt, den entstandenen Niederschlag auswäscht und trocknet. Bei intensiv färbenden Farbstoffen sowie zur Herstellung billiger, minderwertiger Lackfarben erfolgt das Niederschlagen sehr häufig auf indifferente Materialien, wie Stärke, Tonerde, Gips, seltener auch Schwerspat; meistens richtet man jedoch die Verhältnisse der Alaunlösungen und der Alkalien so ein, daß sich eine genügende Menge von Tonerde bilden kann und die fremden Zusätze überflüssig werden. Diese letzteren verhalten sich gegen die Farbstoffe sehr ungleich. Teerfarbstoffe haften nicht gern an mineralischen weißen Körpern, aber sehr gern an Stärke. Alle Lackfarben haben eine gewisse Durchsichtigkeit, sie mögen als Oel- oder Wasserfarben angewendet werden; werden sie dick aufgetragen, so verschwindet zuweilen ihre sonst feurige, eigentümliche Farbe ganz und es stellt sich eine ganz andre Farbe ein, wie dies bei Carthamin und bei vielen Teerfarbstoffen eintritt, die in dicken Schichten verschiedenartigen metallischen Glanz zeigen. Es gibt eine außerordentlich große Anzahl von Lackfarben, die mit der Anzahl der Teerfarbstoffe immer noch wächst. Für ihre Bezeichnung werden entweder solche Namen gewählt, die mit der Farbe selbst (dem Farbstoff) im Zusammenhang stehen oder aber, und dies ist meistens der Fall, irgend beliebige. Nach der Farbe, z.B. Rotlack, gelber Lack, grüner, violetter, blauer Lack, Rosalack u.s.w.; nach dem Farbstoff: Blattgrün, chemisch Blasengrün, Fernambuklack, Garancinkarmin, Kaiserrotlacke, Krappkarmin, Krapplacke, Kreuzbeergrün, Kreuzbeerlack, Orseillelack, Waulacke u.s.w.; beliebige wie: Karmoisinlack, Berlinerlack, Berlinerrot, Kugel-, Venezianer-, Bethkober-, Wienerlack. Neurot sind auf Stärke und Kreide niedergeschlagene Rotholzabkochungen, Münchnerlacke enthalten den Farbstoff der Kochenille in mehr oder weniger reinem, auf Tonerde niedergeschlagenem Zustande; braune Lackfarben, brauner Lack bestehen aus Katechufarbstoff oder sind Mischungen von Krapp und künstlichem Alizarin (Roberts braune Lackfarben); Stil de grain ist ein aus Querzitronabkochung gewonnener Lack, Holländischblau wird aus Indigo dargestellt. Violette Lackfarben sind meistens schon beim Ausfällen erhaltene Mischungen roter und blauer Lackfarben oder durch Eisen violett gefärbte rote Lackfarben, oder endlich bestehen sie aus Teerfarbstoffen, mittels deren sich die feurigsten Nuancen erzielen lassen.

Als Lackfarben werden auch mit fetten oder spirituosen Lacken angeriebene Farbkörper bezeichnet, die zu Anstrichzwecken dienen und gleichzeitig Farbe und Glanz den gestrichenen Objekten erteilen.


Literatur: [1] Bersch, Mineral- und Lackfarben, 2. Aufl., Wien 1893. – [2] Gentele, Farbenfabrikation, 2. Aufl., Braunschweig 1880. – [3] Mierczyinski, Erd-, Mineral- und Lackfarben, 4. Aufl., Weimar 1890. – [4] Jennisson-Rübencamp, Herstellung von Farblacken, Dresden 1901.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 26.
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