Rizinusöl

[639] Rizinusöl wird aus den Samen von Ricinus communis L, der ursprünglich in Ostindien heimisch ist, jetzt aber auch in Algier, Aegypten, Griechenland, Italien und Amerika kultiviert wird, durch Pressen gewonnen.

Der entschälte Samen enthält bis zu 50 und 60% Oel. – Im Handel kommen hauptsächlich drei Arten von Rizinussaat vor: amerikanische, indische (Bombaysaat) und italienische. Diese Saaten zeigen sowohl in der Form wie in der Farbe einige Abweichungen. Die indische Saat ist durchschnittlich die kleinste. Sie gibt beim Pressen das wenigste Oel.

Im nördlichen Italien und in Südfrankreich wird das Pressen der Rizinussaat schon seit Jahrhunderten betrieben; in den nördlichen Ländern, in Deutschland und Rußland, hat man erst in neuerer Zeit angefangen, diese Saat zu pressen. Das gewonnene Oel dient teils medizinischen, teils technischen Zwecken. Das in den Preßkuchen verbleibende Oel hat man durch Extraktion zu gewinnen gesucht; doch bietet das Verfahren keinen Vorteil. Zu Futterzwecken sind die Preßkuchen nicht verwendbar, da das in den Rizinussamen enthaltene giftige Alkaloid »Ricin« in ihnen verbleibt.

Zur Herstellung von Rizinusöl für medizinische Zwecke verwendet man die schweren, gefunden Samen; doch wird das Oel erst durch Klären und Filtrieren brauchbar. Fehlerhafte Saat und die Rückstände von der Filtration der Primaöle werde zu Oelen zweiter Sorte verarbeitet. Solche Oele werden zum Teil in der Toiletteseifenfabrikation verwendet. Die Tertiaöle, aus den Satzölen, Rückständen u.s.w. herrührend, sind dunkle, oft stark und unangenehm riechende Oele, die teils als Schmieröle, teils als Tournantöle in der Türkischrotfärberei Verwendung finden. – Das Rizinusöl ist farblos oder schwach gelblich, von anfangs mildem, hinterher etwas kratzendem Geschmack und sehr schwachem, nicht angenehmem Geruch. Es ist sehr dickflüssig und verdickt sich an der Luft noch mehr, bis es zuletzt in eine zähe Masse übergeht; doch trocknet es auch in dünnen Schichten nicht vollständig ein. Sein Hauptbestandteil bildet das Glycerid der Rizinusölsäure, außerdem enthält es noch Stearin und Palmitin. In der Kälte setzt das Oel ein weißes, stearinhaltiges Fett ab und erstarrt bei –17° bis –18°. Amerikanisches Rizinusöl erstarrt schon bei –10° bis –12°.

Reines Rizinusöl ist mit absolutem Alkohol und mit Eisessig in jedem Verhältnis mischbar. Für die Güte des Oels entscheidet das möglichst helle Aussehen und der Geruch. Bei der Verseifung verhält es sich ähnlich dem Kokosöl. Es läßt sich durch Zusammenrühren mit starker Natronlauge verseifen. In der Seifenfabrikation findet es hauptsächlich Verwendung bei der Herstellung transparenter Seifen.


Literatur: [1] Deite, Handbuch der Seifenfabrikation, Bd. 1, S. 144, Berlin 1906. – [2] Hefter, Technologie der Fette und Oele, Bd. 2, Berlin 1909. – [3] Ubbelohde & Goldschmidt, Handbuch der Chemie und Technologie der Oele und Fette, Bd. 3, S. 527, Leipzig 1911.

Deite.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 639.
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