Diastāse [1]

[871] Diastāse (griech., Maltin), ein fermentartig wirkender Körper, ein Enzym, findet sich in keimenden Getreidekörnern in der Nähe des Keims, aber nicht in den Würzelchen, ebenso in keimenden Kartoffeln an den Ansatzpunkten der Keime, aber nicht in letztern selbst, auch in Baumknospen etc. Aus einem Auszug von Gerstengrünmalz mit 20proz. Alkohol fällt absoluter Alkohol die D. als gelblichweißes, in Wasser leicht lösliches Pulver, das weniger Stickstoff enthält als die Eiweißkörper, auch nicht die Biuretreaktion gibt, sonst aber jenen sehr ähnlich ist. D. verwandelt Stärkemehl, am leichtesten verkleistertes, in lösliche Produkte und schließlich in Dextrin und Zucker (1 Teil D. soll 50,000 Teile Stärkemehl umwandeln). Die Lösung der D. trübt sich bei 45°; dabei mindert sich das enzymatische Vermögen, und bei 84° ist es völlig vernichtet. Durch Gegenwart von Stärkemehl oder Maltose wird es in der Weise geschützt, daß bei 50° die größte Menge Stärkemehl umgewandelt wird, und daß bei 70° die Umwandlung (unter teilweiser Gerinnung der D.) am schnellsten erfolgt. Die zuckerbildende Kraft der D. wird durch Erhitzen nicht erhöht. Je schneller man eine Lösung von D. mit Stärkemehl erhitzt, um so mehr Dextrin, um so weniger Maltose wird gebildet. Durch schwaches Ansäuern der Flüssigkeit wird die Wirkung der D. erhöht, durch viel Säure wird sie geschädigt. Auch Alaun, Arsenik, die meisten Metallsalze, Alkalien, Mineralsäuren, Alkaloide, Blausäure, Tannin, Karbolsäure, Terpentinöl verhindern oder verlangsamen die Wirkung der D. Ganz trockne D. erträgt eine Temperatur von 100°, ohne sich zu verändern. D. ist der wirksame Bestandteil des Malzes und übt ihre Wirkung beim Maischprozeß. In stärkemehlreichen[871] Speicherorganen, wie in Knollen, Rhizomen und Samen wird D. in großer Menge erzeugt, sie verzuckert das Stärkemehl bei der Entwickelung der Pflanze und liefert dem Embryo beim Keimen Nährstoff. Die Auflösung von Stärkemehlkörnern durch die D. geht entweder nur von einzelnen Punkten der Kornoberfläche aus, wobei nach dem Innern desselben fortschreitende, bisweilen auch verzweigte Hohlkanäle entstehen, oder es schmilzt das ganze Korn von außen allmählich ab. Die Art der Einwirkung von D. auf Stärkemehlkörner läßt sich am besten mit der Bildung von Ätzfiguren auf Kristallen vergleichen. Vgl. Effront, Die Diastasen und ihre Rolle in der Praxis (deutsch von Bücheler, Wien 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 871-872.
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