Drehkrankheit

[181] Drehkrankheit (Drehsucht, Blasenschwindel, Taumelsucht, Kopfdrehe, Tölpischsein), Krankheit der Schafe, seltener junger Rinder, wird verursacht durch Coenurus cerebralis, den Blasenwurm der Taenia coenurus des Hundes (s. Bandwürmer, S. 329). Die Bandwurmeier werden mit den Exkrementen des Hundes auf den von Schafen und Kälbern begangenen Weiden etc. abgelagert und von jenen verzehrt. Im Magen des Schafes werden die Embryonen frei. Bei ältern Tieren sterben sie ab, bei ein-, höchstens zweijährigen dagegen durchdringen sie die noch zarten Gewebe des Körpers und gelangen in verschiedene Organe. Während sie in den andern Organen absterben, entwickeln sie sich im Gehirn, seltener im Rückenmark zum Blasenzustande, d.h. zum coenurus. Die mit Flüssigkeit gefüllte Blase wird binnen 3 Monaten bis taubeneigroß und bildet im Innern bis 500 Bandwurmköpfe. Sie verursacht[181] zunächst keine Störungen, übt allmählich aber einen Druck auf die Nervensubstanz aus, der schließlich zum Schwunde der letztern führt. Hierdurch entstehen, je nach dem Sitz der Blase, verschiedene, aber sehr auffällige Bewegungsstörungen neben Beeinträchtigung des allgemeinen Befindens. Die Tiere gehen im Kreise (Dreher, daher D.); sie stürmen mit hochgehobenem Kopf vorwärts (Segler) oder stolpern mit gesenktem Kopf einher (Traber oder Würfler, nicht zu verwechseln mit Traberkrankheit, s. d.), oder sie taumeln (Schwindler). In allen diesen Fällen sitzt die Blase im Gehirn; im Rückenmark bedingt sie Kreuzlähmung (Kreuzdreher), wobei der Tod in 4–8 Wochen eintritt. Operative Beseitigung (Trepanation) ist bei wertvollen Zuchttieren zu versuchen. Wichtiger ist die Vorbeugung gegen die D. Man achte namentlich darauf, ob sich Bandwurmglieder in den Exkrementen der Schäferhunde finden, und unterziehe diese einer Bandwurmkur. Ferner beseitige man das Gehirn drehkranker Schafe, damit es nicht von Hunden verzehrt wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 181-182.
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