Gebärparēse

[403] Gebärparēse, eine den Kühen eigentümliche, früher fälschlich mit zum Kalbefieber (s.d.) gerechnete, durch Fieberlosigkeit, Lähmung, Schwinden des Gefühls und Bewußtlosigkeit charakterisierte Nachkrankheit des Kalbens. Die G. entsteht 2–3 Tage nach der Geburt, namentlich bei kräftigen, wohlgenährten jungen Kühen, die leicht geboren haben, und bei denen die Eutertätigkeit stürmisch und sehr ausgiebig einsetzt. Die betroffene Kuh knickt zusammen, kann nicht mehr stehen, den Kopf nicht mehr halten, schließlich nicht mehr schlucken und verliert das Hautgefühl (empfindet z. B. keine Nadelstiche); die Körpertemperatur ist subnormal. Das Krankheitsbild ähnelt einer schweren Vergiftung, und es wurde schon längere Zeit angenommen, daß die Ursache eine Bildung giftiger Stoffwechselprodukte sei, deren Bildungsstätte man jedoch nicht kannte. Schmidt-Kolding hat (1897) das Euter als solche erkannt und darauf eine neue Behandlungsmethode begründet, mit der mehr als 90 Proz. Genesungen erzielt werden, während früher mindestens 50 Proz. Todesfälle eintraten. Bei der überaus großen Drüsentätigkeit, die gerade bei kräftigen Kühen im Euter plötzlich beginnt, entstehen giftige Eiweißspaltprodukte. Man sucht daher die Eutertätigkeit zunächst stark herabzudrücken und erst allmählich frei werden zu lassen. Hierzu benutzte Schmidt eine Infusion von Jodkaliumlösung in das Euter, doch wendet man jetzt mit gleichem Erfolg Wasser oder Luft an. Zur Einverleibung dieser Stoffe in die Zitzen und ihrer Verteilung im Euter bedarf es eines besondern Apparates und gewisser Vorsichtsmaßregeln, um Verunreinigungen und Entzündungen zu verhüten. Die günstige Wirkung äußert sich meist schnell; die Kuh steht dann von selbst auf und beginnt zu fressen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 403.
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