Henrici

[174] Henrici, 1) Christian Friedrich (Pseudonym Picander), Dichter, geb. 14. Jan. 1700 zu Stolpen in Sachsen, studierte in Wittenberg, trat 1727 in das Post-, später in das Steuerfach über und starb als sächsischer Steuereinnehmer 10. Mai 1764 in Leipzig. H. hat für uns Interesse als Verfasser einiger noch jetzt gesungener Kirchenlieder (z. B. »Wer weiß, wie nahe mir mein Ende«) sowie des Textes zu S. Bachs berühmter Passionsmusik; am bekanntesten wurde er jedoch durch seine »Ernst-, scherzhaften und satirischen Gedichte« (Leipz. 1727–37, 4 Bde.), schale, mit gemeinen Späßen versetzte Reimereien, sowie durch seine schlüpfrigen, aber kulturgeschichtlich interessanten Lustspiele: »Der akademische Schlendrian«, »Die Weiberprobe« und »Der Säufer« (vereint u. d. T.: »Teutsche Schauspiele«, Berl., Frankf. u. Hamb. 1726). Vgl. Floßmann, Picander (Leipz. 1899).

2) Ernst, Afrikareisender, geb. 1854 in Berlin, widmete sich dort besonders germanistischen Studien und war von 1879–81 im Lehrfach tätig, das er wegen Teilnahme an der antisemitischen Bewegung aufgab. 1887 machte er eine viermonatige Reise ins Togoland. Darauf von der Deutschen Togogesellschaft mit der Organisation von Plantagenunternehmungen im Togogebiet beauftragt, war er daselbst von 1888–91 tätig. Seit 1891 lebt H. in Mittelamerika. Er veröffentlichte: »Zur Geschichte der mittelhochdeutschen Lyrik« (Berl. 1876); »Die Quellen von Notkers Psalmen« (Straßb. 1878); das Drama »Boetius« (Dresd. 1882); »Das deutsche Togogebiet und meine Afrikareise« (Leipz. 1888); »Lehrbuch der Ephe-Sprache« (Berl. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 174.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: