Herr

[231] Herr (althochd. hêriro, hêrero, hêrro), die schon im 9. Jahrh. an Stelle des ältern fro substantivisch gebrauchte Komparativform von hehr (her), bezeichnete zunächst nur den Ehrung Beanspruchenden, d. h. den Höhergestellten gegenüber dem Geringern, den Befehlenden gegenüber dem Knechte, den Meister gegenüber dem Jünger; doch fand das Wort auch schon frühzeitig Anwendung auf den himmlischen Herrscher (Gott oder Christus). Dem Ausdruck H. entspricht im weiblichen Geschlecht Frau (althochd. frouwa); der Ausdruck Herrin kam erst in neuerer Zeit dafür auf. In der höfischen Periode wurde H. Standesname für die Adligen, besonders die reichsunmittelbaren, die in der Würde nach den Fürsten und Grafen folgten, und der unerwachsene Sohn solcher Herren hieß Junchêrre (Junker). In den Städten ging der Name H. auf die obrigkeitlichen Personen über; allgemeiner wurde er auch vom Familienoberhaupt, von Geistlichen, überhaupt von Personen, die Gewalt über etwas haben, gebraucht. Die mit H. verbundene Standesauszeichnung verwischte sich allmählich, und das Wort sank mit Beginn des 17. Jahrh. zu einer bloßen Höflichkeitsbezeigung herab.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 231.
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