Hornhautentzündung

[562] Hornhautentzündung (Keratitis), eine mit Trübung der sonst glasklaren Hornhaut einhergehende Erkrankung, die regelmäßig von Entzündungserscheinungen des ganzen vordern Augenabschnittes begleitet ist, dadurch zu Lichtscheu, Tränenträufeln und Schmerzen führend. Die Trübung in der Hornhaut ist veranlaßt durch Eiterzellen (eiteriges Infiltrat), die sich in den oberflächlichen oder in den tiefen Hornhautschichten ansammeln können. Die oberflächlichen Infiltrate reizen meist zu Zerfall und geben so Anlaß zur Bildung von Geschwüren (auch Abszeß genannt). Oft geht die H. mit Wucherung von Blutgefäßen in die sonst gefäßfreie Hornhaut einher (Pannus). Man unterscheidet folgende Formen: 1) Keratitis phlyctaenulosa (phlyktänuläre H.) findet sich hauptsächlich bei Kindern als Folge von Skrofulose, oder in Begleitung von Gesichtsausschlag (Ekzem), Ohreiterung. Man kann bei ihr alle Stadien der H. beobachten: Infiltrate, Geschwüre, Pannus. Sie ist eine der allerhäufigsten Augenerkrankungen, die aber unter ärztlicher Behandlung und sorgfältiger Pflege der Kinder relativ schnell zur Abheilung gebracht werden kann. 2) Keratitis herpetica (vesiculosa) und verwandte Formen, charakterisiert durch das Auftreten von oberflächlichen Bläschen, die schnell zerfallen und sich in oberflächliche Geschwürchen umwandeln, tritt auf namentlich nach Erkältungskrankheiten (Schnupfen u. dgl.), oft in Begleitung von Bläschenausschlag im Gesicht (Herpes). 3) Keratitis purulenta (eiterige H.) entsteht, wenn infektiöses Material (Bakterien) in eine, wenn auch noch so oberflächliche Wunde der Hornhaut gelangt, z. B. in Kratzwunden der Hornhaut, oder in Wunden, die durch Hineinschnippen eines Zweiges, Hineinspießen eines Getreidehalmes etc. verursacht sind. Das infektiöse Material stammt zumeist aus dem eiterig erkrankten Tränensack (s. Tränensackeiterung) oder dem Konjunktivalsack (Konjunktivitis). Von der infizierten Stelle aus dringen die Bakterien schnell in der Hornhaut weiter und veranlassen dadurch eine eiterige Einschmelzung großer Hornhautstrecken (kriechendes Hornhautgeschwür, Ulcus corneae serpens). Dabei kommt es infolge der meist starken Mitentzündung der Regenbogenhaut (Iritis purulenta) zur Ansammlung von Eiter in der vordern Augenkammer (Hypopyon). Die Keratitis purulenta, namentlich das kriechende Hornhautgeschwür sind stets als sehr ernste Augenerkrankungen aufzufassen, weil sie bei der Dünnheit der Hornhaut zu einer vollkommenen Einschmelzung derselben und dadurch zum Platzen und Auslaufen oder zu einer vollkommenen Vereiterung des Auges führen können. Die Behandlung erfordert meist spezialärztliche Kenntnisse. 4) K. parenchymatosa (tiefe H.), führt zur eiterigen Infiltration der mittlern und tiefen Hornhautschichten. Sie beruht immer auf einer Allgemeinerkrankung[562] des Körpers, besonders Syphilis, Tuberkulose, Rheumatismus u. a. Die Behandlung hat darauf großen Wert zu legen. K. findet sich schließlich als Folge von schweren Konjunktivalerkrankungen, namentlich von der ägyptischen Augenerkrankung, dem Augentripper und der Diphtherie des Auges. Jede H. führt nach ihrer Abheilung zu einer mehr oder weniger deutlichen Hornhautnarbe (Macula corneae) s. Hornhautflecke.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 562-563.
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