Kurbelgetriebe

[854] Kurbelgetriebe (Kurbelmechanismus), ein Mechanismus, der eine rotierende Bewegung in eine geradlinig hin und her gehende oder im Kreisbogen schwingende verwandelt oder umgekehrt eine der letztern Bewegungen in eine rotierende überführt. Das wichtigste K. ist das Schubkurbelgetriebe (Fig. 1, S. 855). Es besteht aus der um die Achse A drehbaren Kurbel K, an deren Zapfen Z eine Stange P (Bleuelstange, Lenkstange, Kurbelstange, Schubstange) angreift. Das andre Ende dieser Stange ist gelenkig mit dem zwischen den Gleitschienen G geradlinig geführten Stück Q (Gleitstück, Kreuzkopf, Querhaupt) verbunden, dessen Bahn[854] nach dem Mittelpunkte des vom Kurbelzapfen beschriebenen Kreises, des Kurbelkreises, gerichtet ist. Die Stange P beschreibt mit dem bei Q anschließenden Ende eine gerade Linie, mit dem bei Z befestigten dagegen einen Kreis und mit den zwischen Z und Q liegenden Punkten Linien, die sich, je weiter nach Q hin liegend, desto mehr der Geraden, je weiter nach Z rückend, desto mehr dem Kreis nähern, so daß die Schubstange als dasjenige Glied anzusehen ist, das die Bewegungsänderung vermittelt. Die zwei Kurbelstellungen t1 und t2, in denen die Kurbel mit der Schubstange in eine gerade Linie zusammenfällt, heißen Totpunkte oder Totlagen.

Fig. 1. Schubkurbelgetriebe.
Fig. 1. Schubkurbelgetriebe.

Geht die Bewegung von dem Gleitstück Q aus, dann wirkt in den Totpunkten keine drehende Kraft auf die Kurbel, weshalb dieselbe ihre Rotation nicht fortsetzen kann. Es muß deshalb zur Überwindung dieser Totpunkte eine andre Kraft zu Hilfe genommen werden, als welche gewöhnlich die bei der Drehung angesammelte lebendige Kraft eines Schwungrades benutzt wird. In dieser Weise wird z. B. das Schubkurbelgetriebe zur Verwandlung der hin und her gehenden Kolbenbewegung einer Dampfmaschine in eine rotierende benutzt.

Fig. 2. Kurbelschleife.
Fig. 2. Kurbelschleife.

Erfolgt der Antrieb von der Kurbelwelle aus, so haben die Totpunkte hinsichtlich einer ununterbrochenen Bewegung keine Bedeutung. Man kann daher z. B. durch ein Schubkurbelgetriebe einen Pumpenkolben kontinuierlich hin und her gehen lassen. Die Bewegungsübertragung des Kurbelgetriebes ist keine gleichförmige, vielmehr wird, wenn die Kurbel mit gleichmäßiger Geschwindigkeit rotiert, das Gleitstück um so langsamer verschoben werden, je näher die Kurbel nach den Totpunkten rückt, dagegen in dem Augenblick die größte Geschwindigkeit haben, wo die Bleuelstange senkrecht zum Kurbelarm steht. Bei dem geschränkten K. liegt der Kurbelmittelpunkt außerhalb der Schubrichtungslinie x, x.

Fig. 3. Oszillierendes Kurbelgetriebe.
Fig. 3. Oszillierendes Kurbelgetriebe.

Wird das eine Ende der Schubstange P unter Wegfall des Gleitstückes Q u. der Geradführung G durch einen schwingenden Hebel geführt, dann hat man das K. mit Schwinge. Fig. 2 zeigt die Kurbelschleife. In den Führungen A1, A2 ist die senkrecht zur Schubrichtung angeordnete Schleife B durch die anschließenden Stangen geführt. Der Kurbelzapfen ist von einem Gleitstück C umgeben, das bei Rotation der Kurbel um ihren Mittelpunkt m sich in der Schleife bewegt. Das oszillierende K. ist in Fig. 3 dargestellt. Bei der Rotation der Kurbel ändert sich die der Schubstangenlänge der Fig. 1 entsprechende Entfernung ab fortwährend, und der Teil C führt eine schwingende Bewegung um den festen Drehpunkt b aus. Bei allen genannten Arten des Kurbelgetriebes treten Totpunkte auf, und die Bewegungsübertragung ist ungleichförmig. Bei manchen Maschinen (Buchdruckpressen) wird zur Umwandlung einer rotierenden Bewegung in eine geradlinig hin und her gehende mitunter der sogen. Hypozykellenker benutzt.

Fig. 4. Hypozykellenker.
Fig. 4. Hypozykellenker.

Rollt (Fig. 4) ein Kreis in einem andern von doppeltem Durchmesser, dann wird die Hypozykloide, die ein Peripheriepunkt a des erstern beschreibt, eine gerade Linie bc. In der Ausführung ist der kleine Kreis als außen verzahntes Rad zu denken, das in das an Stelle des großen Kreises vorhandene, innen verzahnte Rad eingreift. Die Bewegung geht von der Welle M aus, die einen Hebel H trägt, auf dessen Ende das erwähnte kleine Zahnrad sitzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 854-855.
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