Luftspiegelung

[825] Luftspiegelung (hierzu Tafel »Luftspiegelungsgewässer in der Wüste«), eine Gruppe atmosphärischer Lufterscheinungen, die durch anormale Strahlenbrechung (s. Brechung des Lichtes) in den untern Luftschichten entstehen. Bedingung ist, daß diese Schichten verschieden warm und damit verschieden dicht sind. Man unterscheidet Spiegelungen nach unten, nach oben und nach der Seite, je nachdem das Bild über, unter oder seitwärts von dem abgebildeten Gegenstand ist. 1) Spiegelungen nach unten setzen unten warme, lockere, oben kalte, dichte Luft voraus; diese Schichtung entsteht durch Überhitzung des Erdbodens, Eindringen kalter Luft oben oder Erwärmung der untersten Luftschicht von Gewässern her. Diese Art L. ruft hervor: Spiegelbilder nach unten, eine scheinbare Wasserfläche, das Schweben der Gegenden in der Luft (Kimmung oder Seegesicht, holländisch Uppdrächt, englisch Looming, französisch Mirage, in Indien Chiltram, Sikota, bei den Arabern Sehrab). Bei gleicher Dichte der Luft würde der Gegenstand o in a gesehen werden, bei normaler Brechung in b., bei anormaler in b2 oder selten in b3. Das scheinbare Wasser ist das Spiegelbild des Himmels hinter a und wird von ebensolchen wie b2 veranlassenden gekrümmten Lichtstrahlen herausgeschnitten. Zu dieser Gruppe gehören auch die Verzerrungen der Sonnenscheibe beim Untergang sowie die Erscheinung, daß Inseln bisweilen nur in der Mitte auszuruhen, rechts und links aber flügelartig gehoben scheinen.

Tabelle

2) Spiegelungen nach oben entstehen, wenn die Luftdichte nach oben hin rascher als gewöhnlich abnimmt, z. B. bei längerm Frostwetter (s. Strahlungswinter), wo die kalte, daher schwere und dichte Luft unten lagert. Häufig ist aber die Dichteabnahme nicht unmittelbar am Boden, sondern erst etwas höher am stärksten; dann werden die Strahlen unten nur schwach konkav zur Erde gekrümmt sein, während die Strahlen, die durch die dichtesten Schichten gehen, sehr stark gekrümmt und total reflektiert werden, sich vor der Reflexion schneiden und daher ein umgekehrtes Bild hervorrufen (man denke sich die Figur ohne Horizont und umgekehrt; a wird in b1, b2 oder b3 gesehen, auch wenn a unter dem Horizont liegt). 3) Spiegelungen nach der Seite entstehen durch ungleiche Dichte innerhalb derselben Luftschicht. Die Fata Morgana ist eine L., bei der mehrere obiger Spiegelungen zugleich vorkommen. Sie täuscht in Wüsten (s. Tafel) Wasserflächen vor (daher Bacher el Alfrid, d.h. Wasser des Satans, Bacher el Gazal), zaubert ganze Städte und Landschaften hervor (häufig in Süditalien), und zwar einfach oder vervielfacht. Sie entsteht bei ungleicher Lagerung und Dichte der Luftschichten (mehrfache und verzerrte Bilder) und bei Störung der ruhigen Lage der Schichten durch leichten Wind (schwankende Bilder). Selten zeigen die Bilder farbige Säume. Vgl. Pernter, Meteorologische Optik (Wien 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 825.
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