Rat der Zehn

[613] Rat der Zehn, ein zur Aburteilung schwerer Verbrechen in Venedig 1310 niedergesetztes Gericht, das, zunächst nur als Ausnahmegericht in gefährlicher Zeit gegründet, um seiner Nützlichkeit willen Jahr für Jahr bestehen blieb und endlich 1335 zu einem bleibenden Bestandteil des Staatsorganismus gemacht wurde. Er hat durch das Denunziationswesen, zu dem er Anlaß gab, tiefes Mißtrauen der Bürger untereinander hervorgerufen und die öffentliche Moral schwer geschädigt. Der R. hat sich auch häufig Übergriffe in die Staatsverwaltung und die Politik zu schulden kommen lassen, aber anderseits auch ein festes Bollwerk gegen alle innern Unruhen gebildet und dem Staate Venedig unschätzbare Dienste geleistet. Als im 16. Jahrh. die Fälle sich mehrten, daß bestochene Bürger an fremde und feindliche Mächte die Geheimnisse des Staates verrieten, setzte 1539 der R. drei sogen. Inquisitori di Stato (s. d.) ein, welche die Untersuchung wegen solcher Verbrechen führen sollten, während der R. sich den Urteilsspruch selbst vorbehielt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 613.
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