Tropen

[744] Tropen (griech., Mehrzahl von Tropus, s. d.) hießen in der antiken Rhetorik und Stilistik bildliche Redewendungen der verschiedensten Art, die teils auf bedeutsame geistige Funktionen hinweisen, teils aber leere Spielereien sind. Soweit sie Wichtiges bieten, veranlassen sie entweder eine Erweiterung des Vorstellungsgehalts (s. Ästhetische Apperzeptionsformen) oder eine Steigerung des Gefühlslebens (s. Figur). – Im Gregorianischen Gesang heißen T. die verschiedenen Gesangsformeln für den Schluß der dem Introitus angehängten kleinen Doxologie: »Gloria patri et filio et spiritui sancto sicut erat in principio et nunc et in secula seculorum. Amen«. Auch freigedichtete und komponierte Einschaltungen in die offiziellen liturgischen Gesänge, die im 11.–16. Jahrhundert beliebt waren, hießen T. (z. B. war das sogar in die erste lutherische Liturgie übergegangene Kyrie fons pietatis ein Kyrie mit T.). – In der Astronomie heißt tropisch auf den Tierkreis bezüglich; tropischer Umlauf eines Himmelskörpers, die Zeit, nach der er wieder zum Frühlingspunkt zurückkehrt. – In der Erdbeschreibung heißen T. die Wendekreise; daher Tropenländer, die zwischen den Wendekreisen, also in der heißen Zone, gelegenen Länder (Äquinoktialgegenden).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 744.
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