Vergleich

[73] Vergleich (Transactio) heißt der in § 779 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelte »Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird«. Er ist danach unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend angesehene Tatbestand der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Der V. wird abgeschlossen zur Beilegung von Streitigkeiten, die bereits den Gegenstand eines Prozesses bilden, oder zur Vermeidung eines solchen; er kann gerichtlich oder außergerichtlich, namentlich vor einem Schiedsrichter (s. d.), zustande kommen. Dem Prozeßrichter ist die Herbeiführung von Vergleichen ausdrücklich nahegelegt (s. Sühneverfahren). Auf Grund von gerichtlichen Vergleichen kann die Zwangsvollstreckung (s. d.) erfolgen. Das österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch regelt den V. in den§ 1380–1390, aus denen hervorzuheben ist, daß ihn nur ein die Wesenheit der Person oder des Gegenstandes betreffender Irrtum ungültig macht und die Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte ausgeschlossen ist. Den gerichtlichen V. regeln die § 204–206 der österreichischen Zivilprozeßordnung; er kann jederzeit von Amts wegen angestrebt werden; auch kann die Verweisung der Parteien vor einen beauftragten oder ersuchten Richter zum Zwecke von Vergleichsverhandlungen mit deren Zustimmung erfolgen. Ein gerichtlicher V. kann nach § 205 auch bedingt (durch Ablegung eines vereinbarten Eides) abgeschlossen werden. Die deutsche Zivilprozeßordnung kennt einen solchen Vergleichs- oder Kompromißeid (s. d.) nicht. Der im Konkursverfahren vorkommende Zwangsvergleich (s. d.) hat eine besondere Natur.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 73.
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